Lesbische Sport-Ikone für Sotschi
Ein Boykott der Olympischen Winterspiele in Sotschi kommt für die Sportgroßmacht USA nicht infrage. Präsident Barack Obama aber fand eine elegante Form des Protestes gegen das umstrittene Anti-Homosexuellen-Gesetz in Russland: Er holte demonstrativ die frühere Top-Tennisspielerin Billy Jean King (70), eine bekennende Lesbe und bekannte Schwulenrechtlerin, sowie die ebenfalls homosexuelle Eishockey-Spielerin Caitlin Cahow (28) in die offizielle US-Delegation.
Große amerikanische Politikernamen werden im kommenden Februar in Sotschi hingegen fehlen. Mitglieder der US-Regierung wird man vergeblich suchen – eine unausgesprochene Form des Protestes gegen die offen schwulenfeindliche Politik der russischen Regierung. Denn bei den Winterspielen im kanadischen Vancouver 2010 waren die Vereinigten Staaten noch von Vizepräsident Joe Biden vertreten worden. Und bei den Sommerspielen 2012 in London hatte First Lady Michelle Obama die US-Abgesandten angeführt.
Ruf nach Boykott
Homosexuellen-Gruppen in aller Welt fordern den Boykott der Olympischen Spiele in der Schwarzmeerstadt. Das von Präsident Putin unterzeichnete Gesetz sieht hohe Strafen für diejenigen vor, die Minderjährige über homosexuelle Lebensformen informieren oder Schwulen- und Lesbenparaden abhalten. Ein Boykott sei für ihn kein Thema, hatte US-Präsident Obama gesagt: Er halte hingegen Erfolge von schwulen und lesbischen US-Athleten für die bessere Antwort auf das diskriminierende Gesetz.
Ob Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer nach Sotschi reisen wird oder nicht, bleibt weiter offen. „Es gibt noch keine Entscheidung“, heißt es dazu auf KURIER-Anfrage aus dem Büro des Präsidenten.
Außenminister Sebastian Kurz mutmaßt hingegen, dass er „wahrscheinlich keine Zeit“ haben werde, zu den umstrittenen Spielen zu reisen. In seinem Büro hieß es gegenüber dem KURIER, man habe sich noch nicht wirklich mit der Frage auseinandergesetzt.
Sportminister Gerald Klug hat das schon. Er wird einige Tage in Sotschi sein. „Ausschließlich aus Respekt vor den Leistungen der österreichischen Sportlerinnen und Sportler“, heißt es ausdrücklich in seinem Büro. Wer sich jahrelang auf diesen Wettbewerb vorbereitet, verdiene besondere Wertschätzung. Das solle aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Österreich bezüglich der Menschenrechte einen klaren Standpunkt habe.
Gut, dass ich schon in Sibirien wohne. Recht viel weiter können sie mich nicht mehr abschieben." Der Karikaturist Vasily Slonov witzelt, aber der Grund seiner Worte ist ein ernster, nämlich ein Josef Stalin mit Vampirzähnen, eine Matrjoschka-Puppe in Handgranatenform, fünf Ringe, geformt aus Stacheldraht und ein Schneemann auf einem Panzeruntersatz. Mit seiner Karikatur-Reihe "Welcome! Sotchi 2014" verspottet Slonov das große Prestigeprojekt Vladimir Putins: Die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi an der Schwarzmeerküste.
"Welcome! Sotchi 2014"
Bereits 2007, als bekannt wurde, dass die Winterspiele 2014 auf russischem Boden ausgetragen werden sollen, begann Slonov an seiner Sotschi-Serie zu arbeiten. "Mir war schon damals klar, dass die offizielle PR-Strategie langweilig und wertlos werden würde", lautet sein Urteil zu den Bemühungen des russischen Olympischen Komitees.
Seine Umsetzung wiederum ist alles andere als langweilig. Doch wollte der Künstler eigentlich weniger provozieren als vielmehr ironisch und humorvoll auf die Vorurteile und Klischees rund um Russland anspielen. Das Lachen bleibt jedoch bei seinem tiefschwarzen Humor oft im Hals stecken – vor allem einigen Beamten Russlands. Die Regierung verbot Mitte Juni 2013 die Ausstellung der Karikaturen in Perm. "Welcome! Sotchi 2014" wurde von offizieller Stelle als Russen-feindliche, hetzerische Propaganda bezeichnet.
Prominentes Opfer
Persönlich habe er noch keinen Ärger gehabt, erklärt Vasily Slonow. Er ist gute 40 Jahre alt, ein hagerer Mann mit graugesträhntem Rauschebart und ausgeprägter Mimik. Seine Kunst hat allerdings ein anderes Opfer gefordert. Ende Juni 2013 wurde Marat Alexandrowitsch Gelman, Direktor des Museums für moderne Kunst in Perm, fristlos entlassen, nachdem er sich über die Zensur seiner Ausstellung beschwert hatte.
Gelman, ein renommierter Galerist und politischer Funktionär, galt lange Zeit als kremlnah, hatte in den letzten Jahren jedoch mit regierungskritischen Ausstellungen Putins Ärger auf sich gezogen. In einem juristischen Kommentar zu Gelmans Entlassung wird betont, dass der Arbeitsgeber nicht verpflichtet sei, einen Grund für die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses anzugeben.
Mitstreiter
Mit seiner Kritik an Sotschi steht Karikaturist Vasily Slonov nicht alleine da. Sowohl innerhalb als auch außerhalb Russlands werden Stimmen gegen das Millionenprojekt laut. Korruption, explodierende Kosten und Umweltzerstörung sind nur einige der Kritikpunkte.
Der britische Schauspieler Stephen Fry rief nun mit einem offenen Brief zu einem Boykott der Olympischen Winterspiele in Sotschi auf. Er spricht sich stark gegen ein kürzlich in Russland in Kraft getretenes Gesetz aus, das Propaganda von Homosexualität mit Bußgeldern und Arrest ahndet. Dieses Gesetz soll auch für die internationalen Sportler gelten. So droht bereits beim Anstecken eines Regenbogen-Buttons eine Strafe und Ausweisung aus Russland.