Politik/Ausland

Auch Propagandakrieg um Soledar: Was eine Einnahme bedeuten würde

Nach tagelangen blutigen Gefechten mit Häuserkämpfen hat Russland die Stadt Soledar im Gebiet Donezk im Osten der Ukraine nun offiziell für eingenommen erklärt. Die Stadt sei am Abend des 12. Januar vollkommen in die Kontrolle der russischen Streitkräfte übergegangen, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Freitag mit. 

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij dementierte die Einnahme hingegen am Freitagabend. Die ukrainischen kämpften dort weiter gegen die russischen Truppen, sagt Selenskyj in einer nächtlichen Videobotschaft. "Unsere Einheiten sind dort. Die Stadt ist nicht unter russischer Kontrolle", sagte zudem ein Sprecher des Oberkommandos für die Ostukraine gegenüber Reuters. Auch der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte teilte am Freitagabend mit: "Die Kämpfe um Soledar dauern an." Nach ukrainischen Angaben vom Mittwoch harrten noch 559 Zivilisten von einst über 10.000 in der Stadt aus. Der russischen Seite zufolge wurden alle Einwohner aus der Stadt herausgebracht. 

Was wären die Folgen?

Es wäre die erste Einnahme einer Stadt durch die russische Armee seit Juli, als Lyssytschansk in dem Angriffskrieg gegen die Ukraine erobert worden war. Es wäre auch ein wichtiger psychologischer Erfolg für die nach vielen Niederlagen geschwächte russische Armee. Vielmehr jedoch für die Söldnertruppe "Wagner", die den Angriff maßgeblich ausführte.

Westliche Experten hatten ebenfalls berichtet, dass Russland den Ort wohl eingenommen habe. Für den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij wäre das nach Monaten mit Erfolgen bei der Rückeroberung von Städten und Gebieten der erste größere Rückschlag seit dem Verlust von Sjewjerodonezk und Lyssytschansk. Der Chef der russischen paramilitärischen Organisation „Wagner“, Jewgeni Prigoschin, hatte bereits am Mittwoch mitgeteilt, dass Soledar eingenommen sei und nur noch von den Resten der ukrainischen Armee „gesäubert“ werden müsse. 

Prestige-Angelegenheit

Strategisch ist der Verlust für die Ukraine zu verkraften, allerdings hatten sich die Gefechte rund um die Stadt Bachmut - Soledar liegt etwa zwölf Kilometer nördlich -  zu einer Prestige-Angelegenheit entwickelt. Erst kürzlich besuchte Selenskij die Stadt, lange galt sie als Symbol des ukrainischen Widerstands. Sollten die russischen Streitkräfte nun wie erwartet von Norden nach Bachmut vorstoßen, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis sie die Stadt, die sie seit Juni belagern, einnehmen. Die ukrainischen Streitkräfte müssten sich in das zweite von drei Verteidigungssystemen an der Front zurückziehen.