Politik/Ausland

"Sleepy Joe": Die zahlreichen Pannen des Joe Biden

von Paul Maier

"Arme Kinder sind genau so schlau und talentiert, wie weiße Kinder", sagte Präsidentschaftskandidat Joe Biden versehentlich bei einer Rede. Dem demokratischen Kandidaten, der bei den US-Wahlen im November den Amtsinhaber Donald Trump schlagen will, passieren immer wieder peinliche Versprecher in der Öffentlichkeit wie dieser. Er bezeichnete sich einst sogar selbst als "gaffe machine" (Ausrutscher-Maschine).

Weil es schon mal passieren kann, dass Biden komplett den Faden verliert und sogar bei öffentlichen Auftritten mitunter gedankenverloren wirkt, bezeichnet sein Kontrahent Donald Trump ihn auf Twitter immer wieder als "Sleepy Joe". 

Das erste TV-Duell der beiden Präsidentschaftskandidaten, das in der Nacht auf Mittwoch (3.00 Uhr MEZ) stattfindet, verspricht also genug Zündstoff. Der KURIER hat sich angesehen, warum Biden trotz seiner vielen Ausrutscher ein ernstzunehmender Konkurent für Trump ist.

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Merkwürdige Sager und Erinnerungslücken, die bei Biden nicht allzu selten vorkommen, versucht der 77-jährige selbstironisch wegzulächeln. Allerdings wurde er immer wieder für unangemessenes Verhalten gegenüber Frauen kritisiert. Es gibt Aufnahmen, auf denen Biden gemeinsam mit jungen Mädchen bei Gruppenfotos posiert. Dabei kommt es zur ein oder anderen seltsamen Berührung seitens des Kandidaten gegenüber den Mädchen. Aufgrund dieser Bilder wurden ihm zahlreiche Belästigungs- und Sexismusvorwürfe gemacht.

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Ungeschicklichkeit als Verteidigung

Dennoch könnte Biden zur ernsthaften Bedrohung für den amtierenden Präsidenten der USA werden. Donald Trumps letzte Kontrahentin Hillary Clinton bot wesentlich mehr Angriffsfläche als Biden es tut. Durch seinen lockeren und humorvollen Umgang mit seinen eigenen Pannen ist er schwer angreifbar. Im Gegensatz zu Clinton gibt es kaum eine Grundlage dafür, Biden ernsthafte Bösartigkeit zu attestieren.

Der mit Sympathie ausgesprochene Satz "That's Joe" (So ist Joe eben) fällt in Washingtons Politikblase sehr häufig, wenn Biden wieder einmal in ein Fettnäpfchen tritt. Der ehemalige Verteidigungsminister Robert Gates schrieb dazu in seinen Memoiren: "Es ist unmöglich, Joe nicht gern zu haben."

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Eine derartige Reputation ist andernorts bereits zum Vorteil geworden: Der britische Premierminister Boris Johnson beispielsweise fiel ebenfalls des öfteren als ungeschickter Tollpatsch auf. Ihm haben diese Auftritte jedoch in keiner Weise geschadet, sondern ihn für viele Briten menschlicher wirken lassen, als den klassischen Politiker-Typen.

Politisch falsch abgebogen

Joe Biden ist seit Jahrzehnten Berufspolitiker. Mit 29 wurde er als damals jüngstes Mitglied in den Senat gewählt. Seither ist er in vielen hohen politischen Positionen gewesen. Aufgrund dieser jahrelangen Erfahrung und seiner Rolle als Barack Obamas Vizepräsident verfügt er über viel außenpolitisches Wissen. Trotzdem wird ihm vorgeworfen, bei jeder maßgeblichen außenpolitischen Frage der vergangenen Jahrzehnte falschgelegen zu sein.

Er war 1991 trotz zahlreicher Argumente für die Befreiung Kuwaits gegen den Golfkrieg, dafür stimmte er 2002 für den mittlerweile in den USA sehr unbeliebten Einmarsch in den Irak. Zudem war er gegen den Versuch, Al-Kaida-Chef Osama Bin Laden in Pakistan zu töten (welcher schließlich glückte).

Wie sehr ihm seine Vergangenheit im Wahlkampf schaden wird, ist allerdings unklar. Sein Gegner Donald Trump fiel während seiner Amtszeit immer wieder durch außenpolitische Unflätigkeiten auf, die Regierungschefs anderer Länder sichtlich irritierten. Es wird Trump also schwer fallen, Biden glaubwürdig für seine Außenpolitik zu kritisieren.