Politik/Ausland

Besserung beim Papst: Das "Monster" von Brüssel kehrt vorerst nicht heim

EU-Insider sollen sich ja schon bei der Nennung seines Namens vorsorglich bekreuzigt haben: Martin Selmayr galt vielen über Jahre als der skrupellose Drahtzieher der EU-Zentrale im Brüsseler Berlaymont-Gebäude: Auch das "Monster vom Berlaymont" genannt.

Als Kabinettschef von Jean Claude Juncker, seines Zeichens Chef der EU-Kommission bis 2019, soll er die Zentralstelle für alle wichtigen Entscheidungen, aber auch für alle Intrigen und internen Machtkämpfe gewesen sein: An dem Bayern kam in den endlosen Gängen des Berlaymont keiner vorbei, der politisch etwas erreichen wollte - und das ließ auch ihn immer höher steigen, bis zum Generalsekretär der EU-Kommission. Eine Entscheidung, die hinter den Kulissen der EU-Zentrale für wütende Zerwürfnisse gesorgt haben soll.

Comeback angepeilt

Entsprechend groß war die Aufregung als "Politico" und andere internationale Medien über eine Rückkehr Selmayrs in die EU-Zentrale berichteten. Kommissionschefin Ursula von der Leyen habe einen eigenen neuen Führungsposten erschaffen lassen, um den Machtmanager gleich mit den entsprechende Befugnissen auszustatten. 

Wiener Zwischenspiel

Selmayr hat ja die vergangenen Jahre in Wien verbracht, wohin man in quasi abgeschoben hatte, als die Ära Juncker zu Ende ging. Als Vertreter der EU-Kommission in Wien hatte er quasi eine Botschafterrolle inne, wobei er die bekannt heiklen diplomatischen Spielregeln gelegentlich gerne überging. So sorgte er für einige Empörung bei der Regierung in Wien, als er Österreichs anhaltend gute Geschäfte mit russischem Erdgas öffentlich als "Blutgeld" bezeichnete. Diplomatische Grobheiten zwischen Wien und Brüssel folgten. Selmayr selbst, der ja im persönlichen Kontakt ein witzige, offener und äußerst unterhaltsamer Gesprächspartner ist, steht bis heute zu diesem Kommentar.

Doch zum Papst?

Offensichtlich hat Selmayr nicht vor, sich noch länger in dem eher ruhigen Posten in Wien einzurichten. Ständig kursieren Berichte und Gerüchte über neue Aufgaben und Dienstorte. Offiziell gab es Berufungen an Universitäten, inoffiziell wurde eben über eine Rückkehr von "Brüssels Rasputin" an den ehemaligen Ort seines Wirkens berichtet. Daraus dürfte allerdings bei aller Aufregung nichts werden. Wieder ist es "Politico", das nun erfahren haben will, dass der Bayer Botschafter der EU im Vatikan werden soll. Ein äußerst beschaulicher Posten für einen Macher, dessen bevorzugtes Spielfeld das politische Getümmel ist. Zumindest aber liefert der mögliche neue Posten genügend Anlass für Scherze unter politischen Beobachtern in Brüssel. Selmayr werde wohl zuerst eine Zeit der Läuterung und inneren Einkehr hinter sich bringen müssen, bevor er wieder in die Machtzentrale in Brüssel zurückkehren dürfe. Als natürlich katholischer Bayer könnte es ihn beim Papst zuhause eigentlich gut gefallen.