Politik/Ausland

Anschlag in Istanbul: Verdächtige gibt Verbindung zu Kurdenmiliz zu

Was bisher bekannt ist:

  • Auf der Einkaufsstraße İstiklal im Zentrum Istanbuls ereignete sich Sonntagnachmittag eine Bombenexplosion.
  • Mindestens 6 Menschen wurden getötet, 81 weitere wurden verletzt.
  • Die türkische Regierung macht militante Kurden aus Syrien für den Anschlag verantwortlich.
  • Laut Behörden wurden 46 Menschen verhaftet, darunter jene Person, die die Bombe deponierte. Es soll sich um eine aus Syrien stammende Frau handeln.
  • Österreicher sind ersten Erkenntnissen zufolge nicht unter den Opfern.

Anschlag im Zentrum Istanbuls

Bei einem Anschlag im Zentrum der türkischen Metropole Istanbul sind am Sonntag mindestens sechs Menschen getötet und mehr als 80 weitere verletzt worden. Der türkische Vizepräsident Fuat Oktay sprach von einem "Terroranschlag" auf der belebten Einkaufsstraße Istiklal.

Am Montag machte die Regierung militante Kurden aus Syrien für den Angriff verantwortlich. Der Befehl dafür sei aus der nordsyrischen Stadt Kobane gekommen, sagte Innenminister Süleyman Soylu und kündigte Vergeltungsschläge an.

Istanbul und andere türkische Städte waren in der Vergangenheit wiederholt von politisch motivierten Anschlägen militanter kurdischer oder islamistischer Gruppen erschüttert worden.

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Es habe 46 Festnahmen gegeben, teilten die Behörden zu Mittag mit - auch die mutmaßliche Bombenlegerin wurde demnach verhaftet. Die Frau sei Syrerin und habe Verbindungen zur syrischen Kurdenmiliz YPG zugegeben.

Die Türkei setzt die YPG mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK gleich. Die PKK steht in der Türkei, Europa und den USA auf der Terrorliste. Die Kurdenmiliz YPG wiederum wird von den USA nicht als Terrororganisation angesehen, sondern ist für sie Partner im syrischen Bürgerkrieg im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS).

Die Attentäterin gestand nach Angaben der Polizei, über Syrien illegal in die Türkei eingereist zu sein. Zuvor waren Bilder veröffentlicht worden, auf denen eine Frau ein Paket am Tatort in Istanbul ablegt, nachdem sie 40 Minuten lang auf einer Bank in der Nähe gesessen hatte.

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Feuerball am Sonntagnachmittag

Die Detonation hatte sich um 16.20 Uhr Ortszeit (14.20 Uhr MEZ) zugetragen. Vier Menschen an Ort und Stelle ums Leben. 

Während 39 Verletzte bis zum Abend aus dem Krankenhaus entlassen werden konnten, befanden sich 42 Personen am Montag noch in Behandlung. Davon waren fünf auf der Intensivstation, zwei von ihnen galten als schwer verletzt, sagte Gesundheitsminister Fahrettin Koca.

Auf nicht verifizierten Aufnahmen, die über die sozialen Medien verbreitet wurden, war ein Feuerball inmitten der belebten Straße zu sehen. Andere ebenfalls zunächst nicht verifizierte Bilder zeigten mit Blut überströmte Menschen, die reglos auf dem Boden lagen.

Keine Österreicher unter den Opfern

Österreicher befinden sich keine unter den Toten oder Schwerverletzten, wie das Außenministerium am Montag bestätigte. Bezüglich Verletzten gebe es keine gesicherten Informationen, aber auch keine Hinweise darauf, dass Österreicher verletzt worden seien.

Internationale Beileidsbekundungen

Umgehend gab es zahlreiche internationale Beileidsbekundungen, auch aus Österreich. Bundespräsident Alexander Van der Bellen war in "Gedanken bei den Familien der Opfer".

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"Ich hoffe, dass die Hintergründe schnellstmöglich aufgeklärt werden können", schrieb Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Sonntagabend auf Twitter. Das Außenministerium schrieb von "grauenvollen Nachrichten" aus Istanbul und übermittelte den Verletzten Genesungswünsche.

Ihr "tiefes Mitgefühl" den Opfern und deren Familien bekundete auch die Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im Parlament, SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zeigte sich auch in einem Tweet auf Türkisch "tief betroffen" vom "Gewaltakt" in Istanbul.

Die Sprecherin von US-Präsident Joe Biden, Karine Jean-Pierre, verurteilte die "Gewalttat". "Wir stehen im Kampf gegen Terrorismus Seite an Seite mit unserem NATO-Verbündeten Türkei", erklärte sie weiter für das Weiße Haus.

"Erschüttert" zeigte sich auch der deutsche Präsident Frank-Walter Steinmeier. "In diesem Moment des Schocks stehen wir Deutsche an der Seite der Bürgerinnen und Bürger Istanbuls und des türkischen Volkes."

Anschläge in der Türkei

In der Türkei ist es in der Vergangenheit immer wieder zu Anschlägen gekommen - auch im Zentrum Istanbuls. 2016 hatte sich etwa ein Selbstmordattentäter auf der Istiklal in die Luft gesprengt und vier Menschen getötet, 39 weitere wurden verletzt. Nach Angaben der türkischen Regierung hatte der Attentäter Verbindungen zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Die Gruppe selbst bekannte sich damals nicht zu der Tat.

Im selben Jahr waren bei einem Selbstmordattentat des IS im historischen Zentrum Istanbuls zwölf Deutsche getötet worden. Auch die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK verübt immer wieder Anschläge in der Türkei.