Schweiz fürchtet sich vor Populisten
Der Schweizer Entscheidung, den Zuzug für EU-Bürger ab 1. Juni für ein Jahr zu beschränken, liegen zwei Motive zugrunde: Zum einen stieg die Zahl der Arbeitsmigranten 2012 um mehr als zehn Prozent über den Durchschnitt der vergangenen drei Jahre an. Zum anderen geht es um interne politische Auseinandersetzungen.
Schweizer Populisten machen Druck auf die Regierung in Bern. Das Volk soll per Referendum die „Masseneinwanderung“ stoppen und die Verträge mit der EU müssten gekündigt werden. Die Stimmungsmache gegen die Personenfreizügigkeit von EU-Bürgern, die sich an der reichen Schweiz mit hohen Löhnen und guten Sozialleistungen bereichern, ist voll im Gange. Die national-konservative Schweizerische Volkspartei (SVP) hat im vergangenen Jahr in Rekordzeit 136.195 Unterschriften für eine Volksinitiative gesammelt (nötig sind nur 100.000).
Ernste Probleme mit EU
Mit dem Beschluss Berns, die Grenzen etwas zu schließen, will die Regierung die Annahme der Volksinitiative unbedingt verhindern. Würde diese Initiative angenommen werden, bekäme die Schweiz ernste Probleme mit der EU, da sie ab 2015 gegen Abkommen mit der EU verstoße. Die EU könnte im Gegenzug der Schweizer Wirtschaft den Zugang zum EU-Binnenmarkt erschweren – und davor fürchten sich Schweizer Unternehmen. „Die Zuwanderung von Arbeitskräften ist für ein kleines Land wie die Schweiz, das wirtschaftlich konkurrenzfähig bleiben will, eine absolute Notwendigkeit“, teilte der Arbeitgeberverband mit.
Bis Ende 2014 hat die Schweiz im Rahmen der Freizügigkeits-Richtlinie das Recht, den Zuzug zu drosseln („Ventilklausel“), danach läuft diese Möglichkeit aus und die Grenzen sind offen.
Trotz der Entscheidung, die Arbeitsmigration zu limitieren, können ab Juni 2013 bis Ende Mai 2014 rund 53.700 Arbeitskräfte aus der EU, auch aus Österreich, einwandern. „Für diese Zahl wird es eine Arbeitsbewilligung geben“, erklärt ein Schweizer Diplomat gegenüber dem KURIER. Kontingente für Länder gibt es dabei nicht. Es gilt das Prinzip „first- come, first-served“.
Die EU bedauert die Einwanderungsbegrenzung, dagegen vorgehen kann sie derzeit nicht. Zur Entspannung zwischen der EU und der Schweiz trägt die Maßnahme allerdings nicht bei. Brüssel will keine 120 bilaterale Verträge ständig anpassen und nachverhandeln. Deswegen drängt die EU-Kommission auf ein einziges Abkommen mit der Schweiz.