Politik/Ausland

„Schulden in 20 Jahren abbauen“

Kurt Biedenkopf, Ex-CDU-Politiker und von 1990 bis 2002 Ministerpräsident von Sachsen, ist ein Vordenker in Sachen Schuldenabbau. Der deutsche Ökonom und Uni-Professor fordert noch schärfere Schuldenbremsen, als sie derzeit bestehen. Dem KURIER gab er beim 6. Mediengipfel zum Thema „Europa neu denken. Wo bleibt der Wille zum Wandel?“ in Lech am Arlberg ein Interview.

KURIER:Herr Professor, kann man Schulden rasch abbauen?

Kurt Biedenkopf: Der Plan ist, die Schulden in zwanzig Jahren abzubauen. Mit der entsprechenden Politik geht das. Man muss die Schulden vom normalen Haushalten trennen und sie in eine Bad Bank auslagern. Aus den laufenden Einnahmen des Staates stellt man einen gewissen Teil zum Schuldenabbau zur Verfügung, vorausgesetzt, man hält sich an die Schuldenbremse und macht keine neuen Schulden. Ohne neue Schulden baut sich die Zinszahlung nicht weiter auf. Was an Zinslasten gespart wird, nimmt man zum Abtragen der alten Schulden.

Sie fordern eine härtere Schuldenbremse. Warum?

Eine Möglichkeit ist, eine Institution zu errichten, die parlamentarische Entscheidungen und die Neuverschuldung korrigiert. Wichtig ist, dass diejenigen, die die Verschuldungsgrenze überschreiten, keine Garantien mehr bekommen. In letzter Konsequenz muss ein Land Insolvenz anmelden.

Überlebt der Euro?

Das ist keine Glaubensfrage, sondern eine Frage der Realität. Die Krise ist gewaltig und groß in ihrer finanziellen Dimension. Länder sind durch die Krise gezwungen, Strukturreformen nachzuholen. Die Währungsunion zwingt alle beteiligten Länder, ihre Strukturen dahingehend zu überprüfen, ob sie ohne Neuverschuldung auskommen. Das passiert noch nicht, auch nicht in Deutschland. 2016 wird man sehen, ob Deutschland die Schuldenbremse einhalten kann. Das eigentliche Problem sind nicht die Schulden, sondern die fehlenden Strukturveränderungen. Bis zur Währungsunion waren Strukturveränderungen nicht erforderlich, weil Länder Ungleichgewichte durch Abwertungen beseitigen konnten.

Sollte die Währungsunion vertieft werden?

Man sollte sie jetzt erst einmal in Ordnung bringen. Wir sind der Meinung, dass alles sehr schnell gehen muss. Das ist unhistorisch. Davon, dass Europa gefährdet sei, kann keine Rede sein. Die Befriedung Europas ist irreversibel.

In Griechenland und Italien gibt es Unmut gegenüber Deutschland und Kanzlerin Merkel. Verstehen Sie das?

Begrenzt ja. Schuldner haben sich noch nie über Gläubiger gefreut, die ihr Geld haben wollen.