Politik/Ausland

Scholz zieht im deutschen Kanzlerrennen davon - aber ohne SPD

Er ist der unerwartete Gewinner eines langweiligen und ziemlich themenfreien Wahlkampfs in Deutschland. Laut jüngsten Umfragen liegt SPD-Chef und Finanzminister Olaf Scholz bei der Frage, wer denn nächster Bundeskanzler werden soll, klar vorne. In der sogenannten Kanzler-Direktwahl-Frage - veröffentlicht in der Bild-Zeitung liegt Scholz mit deutlichem Abstand bei 27 Prozent, fünf Punkte mehr als in der Vorwoche. Unions-Kanzlerkandidat Laschet kann gerade einen Punkt auf 14 Prozent zulegen, Annalena Baerbock von den Grünen verharrt bei 13 Prozent. 

Bei der Flut gepunktet

Vor allem bei der Flutkatastrophe konnte sich Scholz als ruhiger souveräner Krisenmanager präsentieren. Während Armin Laschet patzte und für einen unglücklichen Lacher inmitten der Katastrophe durch die Sozialen Medien geprügelt wurde und Annalena Baerbock bei ihrem Kernthema  - der Klimawende - nicht zum Punkt kam, blieb Scholz vor allem eines: fehlerfrei. 

"Ruhig und sachlich"

Bewusst präsentierte er sich nicht als Kanzlerkandidat. Er kam als Vizekanzler und Finanzminister in die Krisenregion, in Vertretung für Bundeskanzlerin Angela Merkel, die zu dem Zeitpunkt in den USA war. Scholz sprach den Angehörigen  sein Mitgefühl aus und sagte schnelle und unbürokratische Hilfe zu. Erste Schritte wurden schon in den Tagen danach gesetzt. Auch beim G-20-Gipfel wenige Tage später vertrat er als Finanzminister souverän die deutsche Position, die Forderung nach einer globalem Steuerreform. Politische Beobachter sprechen davon, dass Scholz jetzt "seine Ruhe und Sachlichkeit" zugute komme.

Annalena Barbock dagegen steht immer häufiger im Schatten ihres männlichen Gegenparts Robert Habeck. Der bekommt auf seinen Wahlkampf-Reisen derzeit mehr Aufmerksamkeit als sie selbst.

SPD hängt trotzdem

Im Rennen der Parteien bremst Laschet seine Union ebenfalls spürbar. Sie verliert leicht an Zustimmung. Die SPD kann aber davon kaum profitieren und legt gerade einen Hauch zu. CDU/CSU kommen der Umfrage zufolge aktuell auf 26 Prozent der Stimmen und damit einen Prozentpunkt weniger als in der Vorwoche. Die SPD legt einen Punkt zu auf 18 Prozent. Ebenfalls auf 18 Prozent und damit auf ihren Wert in der Vorwoche kommen die Grünen. Die FDP verliert einen Punkt auf zwölf Prozent, die AfD verharrt bei elf Prozent.

Laschet will bald in die Offensive

Der Wahlkampf der Union wird nach den Worten von  Laschet noch Fahrt aufnehmen, zunächst hätten aber die Hilfen für die Hochwassergebiete Vorrang. Auf die Frage der „Bildzeitung“, ob bald Hauruck-Reden und harter Wahlkampf von ihm zu erwarten seien, meinte der CDU-Chef: „Ja! Genau auf diese Reden freue ich mich. Aber wenn Tausende Menschen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz nach der Unwetterkatastrophe vor dem Nichts stehen, gibt es für mich eine andere Priorität: schnelle Hilfe für die Menschen! Da müssen Bund, Länder und Parteien zusammenstehen. Darum geht es jetzt. Und dann ist Wahlkampf angesagt - mit klarem Profil der Union.“