Politik/Ausland

Nach Schießerei in Los Angeles: Mutmaßlicher Schütze tot

Im chinesischen Horoskop steht das am Sonntag angebrochene Jahr des Hasen für Sanftheit und Positivität, für Frieden und ein langes Leben. Was sich am späten Samstagabend im "Star Ballroom" von Monterey Park östlich von Los Angeles abspielte, war das komplette Gegenteil: Horror, brutale Gewalt und vielfacher Tod.

Ein Attentäter hat im beliebten Tanzstudio der aus China stammenden Besitzerin Maria Liang gegen 22.20 Uhr Ortszeit mit einem halbautomatischen Schnellfeuergewehr ein Blutbad angerichtet – 40 Minuten vor dem letzten Lied. Augenzeugen nach schoss der Mann, der erkennbar viel Munition bei sich trug und mehrfach nachgeladen haben dürfte, wahllos um sich. Mindestens zehn Menschen starben laut Polizei auf dem blank gewachsten Parkett, auf dem normalerweise Walzer und Cha Cha Cha getanzt wird. Ein Dutzend weiterer Gäste wurde teils schwer verletzt und in verschiedene Krankenhäuser transportiert.

Mutmaßlicher Schütze tot

Inzwischen wurde bekannt: Der mutmaßliche Täter ist tot. Die Polizei fand den 72-Jährigen Sonntagnachmittag nach stundenlanger Suche leblos in seinem Lieferwagen, wie Sheriff Robert Luna bei einer Pressekonferenz mitteilte. Er habe sich mit einer Waffe das Leben genommen, als eine Sondereinheit der Polizei seinen Wagen umstellte. Weitere Verdächtige gebe es nicht.

Motiv unklar

Das Motiv für die blutige Tat ist noch unklar. Laut dem Büro des Sheriffs in Los Angeles ist der Tatverdächtige aber asiatisch-stämmig und nach der Schießerei in einem Lieferwagen geflüchtet. Einzelne Stimmen aus der asiatischen Community in Monterey Park sagten, ein aus dem Ruder gelaufener Ehestreit könnte der Auslöser gewesen sein. Offiziell wurde das nicht bestätigt. Die Behörden wollen die Tat mithilfe von Augenzeugen und Überwachungskamera-Aufnahmen rekonstruieren.

35 Schießereien 2023

Bei der Tat handelt es sich um das erste große von 35 "mass shootings" (Waffengewalt mit mehr als drei Opfern, Anm.) 2023 in Amerika, wo in einem Jahr zuletzt 45.000 Menschen durch Waffengewalt starben. Erst vor wenigen Tagen sorgte Kalifornien für Kopfschütteln auslösende Schlagzeilen, als in Goshen im Norden offenbar aus Drogengang-Motiven sechs Menschen getötet wurden, darunter eine 16-Jährige und ihr zehn Monate altes Kind.

Am Sonntag müssen sich in der Nähe des Schauplatzes der Feierlichkeiten zum chinesischen Neujahrsfest dramatische Szenen abgespielt haben. Seung Won Choi, Betreiber eines der vielen Meeresfrüchte-Restaurants neben der Tanz-Halle, berichtete Lokal-Reportern, dass plötzlich drei Menschen in seinen Laden gestürmt seien: "Sie haben mich gedrängt, die Tür abzuschließen, weil draußen ein Mann mit einer Maschinenpistole um sich geschossen hat." Ein anderer Anrainer schilderte, dass seine Partnerin im "Ballroom" auf der Toilette war und Schüsse hörte. Bei der Flucht habe sie den Schützen gesehen – und drei leblose Körper.

Motiv-Mutmaßungen

Der Massenmord befeuert in politischen Kreisen in Washington die immerwährende Debatte um schärfere Waffengesetze. Vor der Polizeiinformation über einen asiatisch-stämmigen Tatverdächtigen wurde zudem vermutet, dass es aufgrund der demografischen Zusammensetzung in der 60.000-Einwohner-Stadt erneut zu einem rassistisch motivierten Hassverbrechen gekommen sein könnte.

Denn Monterey Park, keine 15 Kilometer östlich der Innenstadt von Los Angeles gelegen, war die erste Stadt in den USA, die durch Zuzüge aus China, Japan, Taiwan und Vietnam eine mehrheitlich asiatisch-stämmige Bevölkerung aufwies. Heute sind dort 65 Prozent "asian-americans" und 27 Prozent Latinos. Weiße sind mit sechs Prozent in der Minderheit.

Im US-Bundesstaat Kalifornien war die Zahl an gewalttätigen Übergriffen auf Mitbürger mit Wurzeln in Fernost nach Ausbruch der Corona-Pandemie teilweise dramatisch gestiegen, aber nicht nur dort.

Im März 2021 erschoss ein weißer Mann nahe Atlanta, Georgia, acht Personen in drei Massagesalons. Sechs von ihnen waren asiatisch-stämmige Frauen. Im Frühjahr vergangenen Jahres sorgten Gewaltakte gegen ältere Asiatinnen in New York für Empörung. Die 61-jährige Gui-Ying Ma aus Queens wurde mit einem Stein attackiert. Sie lag drei Monate im Koma, bis sie starb.

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