Politik/Ausland

Scharfe Worte, aber keine Handhabe gegen Orban

Die Proteste Zehntausender Ungarn, drei in einer Woche, verhinderten es nicht: Präsident Janos Ader unterzeichnete Montag Abend jenes umstrittene Hochschulgesetz, mit dem der renommierten "Central European University" (CEU)in Budapest die Schließung droht. Der ungarische Staatschef Janos Ader hat am Montag das modifizierte Hochschulgesetz unterzeichnet. Das neue Gesetz verstoße weder gegen die ungarische Verfassung noch gegen internationales Recht, ließ Ader wissen.

Die Empörung über das Vorgehen der Regierung von Premier Viktor Orban schlägt auch in Brüssel Wellen. Heute muss Ungarns Bildungsminister Laszlo Palkovics EU-Vizepräsidenten Frans Timmermans erklären, warum es rechtens sein soll, die vom US-Milliardär George Soros gegründete Bildungsstätte zu schließen. Die kleine, aber renommierte Universität hat nur knapp 1500 Studenten, einige von Orbans Mitarbeiter haben dort ihren Abschluss gemacht. Der wichtigste Grund sei, so argumentiert Budapest: Die CEU sei in ihrem Heimatstaat USA nicht als höhere Bildungsstätte anerkannt.

"Falsch", sagt dazu der österreichische EU-Parlamentarier Othmar Karas (ÖVP) und legt dazu dem KURIER eine Serie von Kopien amerikanischer Dokumente vor. "Die ganze Debatte um die CEU hat also keinen rechtlichen, sondern nur einen politischen Hintergrund. Ich kann dazu nur sagen: Hände weg von der CEU, Hände weg von der Lehre und der Wissenschaft."

Doch Brüssel hat wenig Handhabe gegen den national-konservativen Premier. Am Mittwoch berät die EU-Kommission, Strafmaßnahmen gelten jedoch als unwahrscheinlich. Die härteste aller denkbaren Sanktionen wäre die Ausrufung von Artikel 7 - theoretisch einsetzbar, wenn ein EU-Mitgliedsstaat anhaltend die EU-Grundwerte verletzt. Im schlimmsten Fall würde einem Staat das Stimmrecht im Rat entzogen. Im Europäischen Rat aber, wo die Staats-und Regierungschefs abstimmen, verhält sich Ungarn musterschülerhaft. 97 Prozent aller Beschlüsse hat Ungarn mitgetragen. Oder anders gesagt: Trotz aller EU-kritischer Rhetorik, trotz allen Schimpfens auf "die in Brüssel" hat im Rat noch kein Staat so oft Ja gesagt wie Ungarn.

Auch das EU-Parlament hat in Wissenschaftsfragen keine Handhabe gegen Viktor Orban. Handeln könnte allerdings die Europäische Volkspartei (EVP), doch die ließ ihren Parteifreundmit Hang zur "illiberalen Demokratie" bisher ohne allzugroße Kritik gewähren.

Massenproteste

Der größte Druck könnte demnach nur vom anhaltenden Protest der Bevölkerung kommen und Orban so zur Umkehr zwingen. So geschah es heuer schon einmal: nach dem entschlossenen Nein der Bevölkerung zum Austragen von Olympischen Spielen.

Trumps Einflüsterer

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Überhaupt dürfte sich Ungarns Regierung bei ihrem Kurs gegen die CEU verkalkuliert haben, indem man den Wind aus der Trump-Administration missdeutete. Dort sitzt als hochrangiger Berater der extrem-nationalistische Sohn ungarischer Exilanten, Sebastian Gorka, in der Regierung. Der frühere Mitarbeiter des berüchtigten rechten Mediums Breitbart verabscheut den Milliardär Soros, gilt als Antisemit, hat enge Verbindungen zu extrem rechten Kreisen in Ungarn und ist einer der Einflüsterer Donald Trumps. Noch nie zuvor hatte ein Ungar oder ein Amerikaner mit ungarischen Wurzlen so ein hohes Amt im Einflussbereich eines US-Präsidenten inne.

Ungarns Regierung habe sich bei Gorka quasi noch einmal grünes Licht aus Washington für ihr Vorgehen gegen die CEU geholt, mutmaßten liberale ungarische Medien. Die Fehleinschätzung dürfte dabei gewesen sein: Die US-Administration schätzt es generell nicht, wenn Bildungseinrichtungen mit US-Hintergrund gesperrt werden.