Russland darf Nord Stream 2 nicht als „politische Waffe" benutzen
Angela Merkel und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj haben Russland gewarnt, die neue Ostseepipeline Nord Stream 2 als „politische Waffe“ zu nutzen. Es werde Sanktionen gegen Russland geben, „wenn die Pipeline als Waffe eingesetzt wird“, sagte Merkel bei einem Treffen mit Selenskyj am Sonntag in Kiew. Darauf hätten sich Deutschland und die USA verständigt. Selenskyj wird Ende des Monats auch US-Präsident Joe Biden in Washington treffen, um das Projekt zu bekämpfen. Die USA sind gegen die fast fertige Leitung.
Merkel sprach sich auch sich für einen neuen Ukraine-Gipfel mit Beteiligung der Staatschefs aus Russland, Frankreich und der Ukraine ausgesprochen.
Ukraine verliert Milliarden
„Ich halte das für eine gefährliche Waffe nicht nur für die Ukraine, sondern für ganz Europa“, sagte Selenskyj. Die Ukraine befürchtet, dass sie nach Inbetriebnahme von Nord Stream 2 als Transitland für russische Gaslieferungen nach Europa keine Rolle mehr spielt. Damit gingen dem Land Milliardeneinnahmen verloren, auf die es eigentlich angewiesen ist.
Merkel machte deutlich, dass Deutschland die Ukraine bei der künftigen Nutzung des Durchleitungsnetzes unterstützen wolle. So könnten die Leitungen etwa zum Transport von Wasserstoff genutzt werden. Im Gespräch ist demnach eine „Wasserstoff-Partnerschaft“ mit der Ukraine. Selenskyj meinte aber, dass der Übergang lange Zeit in Anspruch werde. Nord Stream 2 sei jedoch ein akutes Problem.
Deutschland hat zwar immer wieder auch erklärt, sich bei Russland für eine Fortsetzung des Gastransitvertrags durch die Ukraine einzusetzen. Allerdings machte dessen Präsident Wladimir Putin bei einem Treffen mit Merkel in Moskau am Freitag deutlich, dass dies von der Nachfrage auf dem Markt abhängig sei. Den Transitvertrag bis 2024 werde Russland erfüllen.
Wichtiges Transitland für Gas
Die Ukraine war lange das wichtigste Transitland für die Gaslieferungen von Russland nach Europa. Doch die Bedeutung nimmt seit Jahren ab - wegen der Inbetriebnahme der Gaspipeline Nord Stream 1 vor etwa zehn Jahren, aber auch wegen der Umgehungspipelines durch Belarus und das Schwarze Meer. Wurden 1998 noch 141 Milliarden Kubikmeter durch die Ukraine gepumpt, waren es 2020 noch knapp 56 Milliarden Kubikmeter.
Das schlägt sich auf die für das Land wichtigen Einnahmen aus den Gebühren für den Transit nieder. Sie schrumpften von den einst umgerechnet mehr als 2 Milliarden Euro auf etwa 1,7 Milliarden im vorigen Jahr. Für dieses Jahr wird erwartet, dass sie nur noch bei etwas mehr als einer Milliarde liegen werden.