Russische Neonazis drangen von Ukraine aus in Russland ein
Von Armin Arbeiter
Schüsse im Hintergrund, zwei Kämpfer vor der Kamera, die ihre Fahne hochhalten und dazu aufrufen, sich dem Widerstand gegen Kreml-Chef Wladimir Putin anzuschließen. Brisant ist dieses Video, das am Donnerstag die Runde in sozialen Netzwerken machte, deshalb, weil die Kämpfer mit hoher Wahrscheinlichkeit die ukrainische Grenze zu Russland überquerten, im Raum Brjansk um sich schossen und ebenjenes Video aufnahmen.
Die Fahne gehört dem „russischen Freiwilligenkorps“, einem Kampfverband aus rechtsextremen Russen und russischen Neonazis, der aus 50 bis 70 Mann besteht. Etwa 40 von ihnen sollen in die Angriffe im Raum Brjansk involviert gewesen sein.
Zwischenzeitlich hatten russische Medien Berichte über eine angebliche Geiselnahme und den Beschuss eines Schulbusses verbreitet, die dann aber selbst von offiziellen Stellen in Russland widerrufen wurden.
Einer der Männer im Video ist der rechtsextreme russische Oppositionelle Denis Nikitin, der 2017 aus Russland flüchtete und seitdem in der Ukraine lebt. Nach Abschluss der augenscheinlichen PR-Dreharbeiten in den Grenzdörfern verließen die Saboteure das Gebiet Brjansk.
Kremlchef Wladimir Putin berief daraufhin laut seinem Sprecher Dmitri Peskow für diesen Freitag den nationalen Sicherheitsrat ein. Demnach sagte Putin im Zusammenhang mit den Vorfällen kurzfristig auch eine geplante Reise in die Kaukasus-Region Stawropol ab.
Seit Beginn der russischen Invasion in ihr Land führen die ukrainischen Streitkräfte immer wieder Artillerie- oder Drohnenangriffe auf russische Gebiete durch, dieser Grenzübertritt ist allerdings der erste seiner Art.
Sowohl die ukrainische Regierung als auch die russische Regierung versuchten, diese Aktion für ihre Narrative zu nutzen:
Ein Berater im ukrainischen Präsidentenbüro, Mychajlo Podoljak, sprach von einer „klassischen Provokation“. Russland wolle die eigenen Leute einschüchtern, um den Angriffskrieg bei wachsender Armut zu rechtfertigen. „Unterdessen wird die Partisanenbewegung in Russland stärker und aggressiver. Fürchtet Eure Partisanen ...“, schrieb Podoljak, auf die 40 Exilrussen Bezug nehmend.
Putin wiederum machte für den Beschuss die Führung in Kiew verantwortlich, die er einmal mehr als vermeintliche „Neonazis“ darstellte. Diese versuchten mit Gewalt, Russland seine historische Identität und Sprache zu rauben, behauptete der 70-Jährige. „Aber ich wiederhole mich: Es wird ihnen nicht gelingen, und wir werden sie zerquetschen.“