Politik/Ausland

Orban lädt Netanjahu nach Ungarn ein, Österreich würde Haftbefehl umsetzen

Einen Tag nach dem Erlass eines internationalen Haftbefehls gegen Benjamin Netanjahu hat der israelische Ministerpräsident eine Regierungseinladung nach Ungarn erhalten. 

Ministerpräsident Viktor Orban sagte am Freitag im ungarischen Rundfunk, er lade Netanjahu ein und garantiere, dass der Haftbefehl nicht vollstreckt werde. Der Haftbefehl sei "falsch". Netanjahu könne in Ungarn "in angemessener Sicherheit" Verhandlungen führen. 

Ungarn hat derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hatte Netanjahu am Donnerstag wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen zur Fahndung ausgeschrieben. 

Israel reagierte empört, die Reaktionen in westlichen Staaten fielen uneinheitlich aus. Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) kritisierte die Haftbefehle gegen Netanyahu und Gallant als "unverständlich und nicht nachvollziehbar". Es wirke "abstrus, eine Äquivalenz zwischen Mitgliedern einer demokratisch gewählten Regierung und dem Anführer einer Terrororganisation herzustellen", betonte Schallenberg in einer Stellungnahme. "Bei allem Respekt vor der Unabhängigkeit des Internationalen Strafgerichtshofes wird mit dieser Entscheidung dem Völkerrecht ein Bärendienst erwiesen und die Glaubwürdigkeit des Gerichtshofs beschädigt."

Österreich als Vertragspartei ist völkerrechtlich verpflichtet, Haftbefehle des IStGH umzusetzen, erläuterte eine Sprecherin des Außenministeriums. Die Frage einer Einreise sei allerdings "rein hypothetischer Natur: Es ist höchst unwahrscheinlich, dass gesuchte Personen in einen der IStGH-Vertragsstaaten reisen und sich dem Risiko einer Festnahme aussetzen würden."

Die USA lehnten die Haftbefehle grundsätzlich ab, aus Deutschland gab es zunächst keine Stellungnahme. Der Außenbeauftragte der EU, Josep Borrell, forderte, die Gerichtsentscheidung müsse respektiert und umgesetzt werden. Die Niederlande erklärten sich dazu bereit. Ungarn hält derzeit turnusgemäß die EU-Ratspräsidentschaft. 

Der nationalkonservative Orban ist in der EU bereits wiederholt mit Alleingängen in die Kritik geraten, vor allem in Richtung Russland. Mit Blick auf den Gaza-Krieg hat sich Ungarn stark für Israel eingesetzt. Haftbefehle des IStGH gab es auch gegen den früheren israelischen Verteidigungsminister Joaw Gallant und den Hamas-Anführer Mohammed Diab Ibrahim Al-Masri. 

Der Strafgerichtshof sieht den Vorwurf begründet, dass Netanjahu und Gallant als Vorgesetzte strafrechtlich verantwortlich für vorsätzliche Angriffe auf die Zivilbevölkerung und damit für Kriegsverbrechen im Gazastreifen verantwortlich sind.

Haftbefehle antisemitisch

Die Ermittler legen beiden Männern Aushungern, Mord, Verfolgung und andere unmenschliche Handlungen als Mittel der Kriegsführung zur Last. Ähnlich lauten die Anschuldigungen gegen Al-Masri, einen Anführer der radikal-islamischen Palästinenser-Organisation Hamas. Allerdings ist unklar, ob er noch am Leben ist. Israel hatte im August erklärt, den Hamas-Militärchef im Gazastreifen getötet zu haben. 

Das Büro von Netanjahu nannte die Haftbefehle antisemitisch. „Israel weist die absurden und falschen Maßnahmen des IStGH (...) mit Abscheu zurück“, ließ der Regierungschef mitteilen.