Politik/Ausland

Popstar der Linken brilliert über sein Scheitern

Heuschrecken und Ameisen aus einer antiken griechischen Fabel hatte er mitgebracht, um das Scheitern der Eurozone zu erklären. Dazu gab es Kanarienvögel, Margaret-Thatcher-Zitate und zuletzt einen sehr düsteren Ausblick in die Zukunft: "Entweder die EU wird demokratischer, oder sie schafft sich selbst ab."

Yanis Varoufakis, Griechenlands an den Gläubigern zerschellter Finanzminister, führte in Wien vor, wie anschaulich und unterhaltsam er seine Version der Griechenland-Krise schildern kann. Vor einem bis zum letzten Platz gefüllten Audimax an der Wirtschaftsuniversität legte er dar, wie Europa die ganze Krise über nichts anderes gemacht hatte, als zu "täuschen und weiterzumachen".

Der Ökonom mit dem Hang zum Popstar führte vor, wie die Banken ihre Gelder Griechenland quasi aufgezwungen hätten, nur um sie sich nachher über den Umweg angeblicher Hilfspakete für Griechenland wieder zurückzuholen. All die Institutionen, die Europa in der Krise auf den Plan gerufen habe, seien "lediglich dem Namen nach Reformen, nicht aber in ihrem Wesen". "Der Europäische Instabilitäts-Mechanismus", "die Europäische Dezentralisierungs-Bank", die "Banken Nicht-Union": Es waren keine neuen Feindbilder, keine neuen Vorwürfe, die er vortrug, aber sie waren pointiert präsentiert und mit kühnen Formulierungen und Vergleichen nur so gespickt.

"In ein Irrenhaus würden sie mich werfen, hätte ich Ähnliches vorgeschlagen", kanzelte er die Strategie der EU gegenüber Griechenland ab, nicht ohne dabei seine eigene Rolle in den "Brüsseler Korridoren der Macht" ins Spiel zu bringen: "In Europa muss man wohl ein radikaler Linker sein, um vernünftige konservative Wirtschaftspolitik vorzuschlagen."

Griechenland sei nur das Frühwarnsystem für das Scheitern der Eurozone und mit ihr der EU gewesen. Man könne nicht an Regeln festhalten, die niemandem mehr dienten. Für ihn als Wirtschaftsforscher, verwies Varoufakis auf seine akademische Karriere, sei es "ein Albtraum, wenn man als Erklärung immer nur bekommt, dass das eben schon immer so gewesen ist."

Stilisiertes Scheitern

Mehrfach rückte er sein Scheitern in den Mittelpunkt, stilisierte es zu einer heroischen Entscheidung, dass er sich weigerte, die Forderungen der Gläubiger zu unterschreiben, und schilderte die Brüsseler Welt, die er mit dieser Nicht-Unterschrift in einem dramatischen Abgang verlassen habe, als "Bürokraten, für die Demokratie zu nichts anderem dient, als jene Entscheidungen absegnen zu lassen, die man bereits vorher getroffen hat". Und weil sich Varoufakis gerne großer Vergleiche und Namen bedient, musste auch für die mangelnde Demokratie in Brüssel die klassische Antike herhalten. Die Entscheidungsträger der EU seien geprägt, "von einer zutiefst platonischen Verachtung für Demokratie".

Varoufakis will zurück in die Politik, daraus macht der 54-Jährige kein Geheimnis. Weniger in Griechenland. Ein europäisches Netzwerk will er gründen. Wie das konkret aussehen soll, ist – wie so oft bei Varoufakis – noch unklar. Vorerst einmal sorgte der brillante Rhetoriker dafür, dass es sich bestechend anhört.