Schavan belastet Merkel
Die Aberkennung des Doktor-Titels der deutschen Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) durch deren Universität am Dienstag war zuletzt keine Überraschung mehr. Vieles hatte schon daraufgedeutet, dass die Uni Düsseldorf in Schavans Dissertation von 1980 zu viele Plagiatsfehler finden und ihr beweisen wollte, „systematisch und vorsätzlich Leistungen vorgegeben zu haben, die sie nicht erbracht hatte“.
Die echte Überraschung kam am Mittwoch: Schavan tritt nicht zurück. Sie fühlt sich unschuldig und hält ihre Klage gegen die Uni für aussichtsreich. Obwohl die Opposition sofort lautstark den Rücktritt einer Bildungsministerin forderte, die wegen Plagiats ihren akademischen Titel verliert, hat Kanzlerin Merkel ihr „volles Vertrauen“ ausgesprochen. Sie wolle mit ihr nach der Rückkehr von einer Dienstreise in Südafrika „in aller Ruhe reden“. Das lässt alle Optionen offen.
Der Druck wächst
Menschlich gilt das Urteil als grenzwertig: Sogar linke Medien wie die SZ fanden es übertrieben, zehn Monate nach anonymen Hinweisen im Internet schlampige Zitate in einer 33 Jahre alten Arbeit so zu ahnden. Zwischen denen und der Plagiatsaffäre des 2011 zurück getretenen CSU-Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg liegen nach überwiegender Ansicht der Presse Welten.
Juristisch ist die Sache wohl ebenfalls nicht eindeutig. Die Promotionsordnung sieht für Plagiate eine Verjährung von 30 Jahren vor. Problematisch ist auch die Personalunion des einzigen Gutachters mit dem Vorsitzenden der Kommission: Er war Ankläger und Richter zugleich. Wohl auch darauf stützt sich Schavans Klage, die durch mehrere Instanzen und damit über die Bundestagswahl im September hinaus gehen dürfte.
Politisch allerdings ist damit eine Flanke Merkels weit geöffnet. „Volles Vertrauen“ ist bei ihr auch keine Garantie, wie der bald danach zurückgetretene CDU-Bundespräsident Christian Wulff erlebte. Merkels bisher untrüglicher Machtinstinkt deutet daraufhin, dass sie wohl auch Schavan zum Rücktritt drängt – auch und weil die ihre älteste und engste Vertraute im Kabinett ist. Eine Begründung dafür lieferte Schavan selbst: Für Guttenberg „schämte“ sie sich öffentlich. Auch wenn sie ihre Plagiate als harmlos sieht: Ihre Nachfolger werden in Berlin schon heftig gehandelt.