"Pharao" Mubarak wird im Gefängnis sterben
Von Walter Friedl
Mit regungsloser Miene, die Augen hinter dunklen Sonnenbrillen verborgen – so nahm der frühere ägyptische Präsident Hosni Mubarak am Samstag das historische Urteil auf einem Krankenbett in einem Eisenkäfig hin: Lebenslänglich, verkündete Richter Ahmed Rafaat – die Staatsanwaltschaft hatte die Todesstrafe beantragt. Die 30-jährige Herrschaft Mubaraks, der wegen seiner Allmacht-Allüren der "Pharao" genannt wurde, bezeichnete Rafaat als "schwarze Ära".
Nach dem Schuldspruch wurde der 84-Jährige nicht in das Militärspital zurückgebracht, in dem er bisher inhaftiert war, sondern ins Tora-Gefängnis. Angeblich wollte er dort den Helikopter gar nicht verlassen, er soll bitterlich geweint haben und fast kollabiert sein.
Mubarak ist der erste Staatschef der Region, dem nach Ausbruch der "Arabellion" der Prozess gemacht wurde. Er wurde schuldig gesprochen, die politische Verantwortung für die Tötung von rund 850 Demonstranten im Jänner und Februar des Vorjahres getragen zu haben, will aber dagegen berufen. Vom Vorwurf der Korruption wurde Hosni Mubarak aber ebenso wie seine mitangeklagten Söhne Gamal und Alaa freigesprochen. Die beiden bleiben aber in Haft, weil noch andere Verfahren anhängig sind.
Die Ankläger haben indes nach Mubaraks lebenslanger Verurteilung am Sonntag angekündigt, in Berufung zu gehen. Das berichtete das ägyptische Fernsehen unter Berufung auf Mubaraks Söhne und Sicherheitskreise.
Freispruch für Polizei-Offiziere
Während auch der frühere Innenminister Habib al Adli eine lebenslange Haftstrafe ausfasste, wurden sechs ranghohe Polizeioffiziere freigesprochen. Speziell Letzteres ließ die Emotionen im und außerhalb des Gerichtssaales in Kairo hochgehen. Gegner des alten Regimes, die Bilder von getöteten Aktivisten hochhielten, empfanden dies als Schlag ins Gesicht. Es kam zu Prügeleien mit Anhängern Mubaraks.
Auch auf dem Tahrir-Platz, wo der Umsturz in Ägypten seinen Ausgang genommen hatte, versammelten sich Tausende. Auch in Alexandria und Suez demonstrierten viele Menschen. Vor allem die Urteile gegen die Mubarak-Söhne sowie gegen die ehemaligen Polizei-Granden erzürnten viele. Die Lage war äußerst spannungsgeladen.
Den Ägyptern stehen somit wohl weitere turbulente Zeiten ins Haus. In zwei Wochen soll in einer Stichwahl der Nachfolger Mubaraks als Staatsoberhaupt gewählt werden. Das Pikante daran: Ahmed Shafik, der der letzte Premierminister des "Pharaos" war, ist einer der beiden Kandidaten. Gerade die jungen Revolutionäre, die sich sowohl bei den Parlamentswahlen als auch bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen politisch überhaupt nicht durchsetzen konnten, befürchten eine Rückkehr der alten Garde. Es wird sogar spekuliert, dass Shafik bei einem etwaigen Sieg seinen früheren Mentor Mubarak begnadigen könnte.
Doch auch mit der Alternative können die liberalen Kräfte wenig anfangen. Im Muslimbruder Mohamed Mursi sehen viele einen Islamisten, der eine „religiöse Diktatur“ errichten könnte.
Arabische Führer: Was aus ihnen wurde
Tunesien Der im Jänner 2011 gestürzte Machthaber Zine el Abidine Ben Ali setzte sich vor seiner Festnahme mit seiner Familie und viel Gold nach Saudi-Arabien ab. In Abwesenheit wurde er zu insgesamt 66 Jahren Haft verurteilt.
Libyen Der selbst ernannte "Revolutionsführer" Muammar Gaddafi wurde am 20. Oktober des Vorjahres von Rebellen getötet. Sein Sohn Saif al Islam wurde einen Monat später gefasst. Ihm soll in Libyen der Prozess gemacht werden.
Jemen Der seit 1978 autoritär geherrscht habende Ali Abdullah Salih trat nach massivem Druck im November 2011 zurück. Ihm wurde Straffreiheit zugesichert. Sein früherer Vertrauter Abed Rabbo Mansur Hadi – er war zuvor Vize-Staatschef – ist jetzt Übergangspräsident.
Syrien Diktator Baschar al Assad, dessen Clan das Land seit 40 Jahren mit eiserner Faust regiert, klammert sich weiter an die Macht und bekämpft die Opposition mit militärischen Mitteln.
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Hintergrund
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