Politik/Ausland

Pension ab 64 statt 62 Jahren: Streikwelle in Frankreich geplant

aus Paris Simone Weiler

Premierministerin Élisabeth Borne hatte gerade die letzten Worte ihrer Pressekonferenz zur Vorstellung der Rentenreform gesprochen, da stand bereits das Datum des ersten Streiktags fest: Nächsten Donnerstag, den 19. Jänner, wollen alle acht großen Gewerkschaften Frankreichs protestieren. In einer gemeinsamen Mitteilung kündigten sie den Beginn einer "kraftvollen, lang anhaltenden Mobilisierung" an. Die stellt sich vor allem gegen die geplante Heraufsetzung des Pensionseintrittsalters von derzeit 62 auf 64 Jahre bis 2030, gekoppelt mit der Steigerung der für eine abschlagsfreie Pension erforderlichen Beitragsjahre auf 43.

"Das ist mit uns nicht zu machen", warnt Laurent Berger, Chef der eigentlich reformorientierten Gewerkschaft CFDT. Michel Beaugas von der radikaleren Arbeiter-Gewerkschaft Force Ouvrière: "Es handelt sich um einen schwierigen Zeitpunkt angesichts der Inflation und ständigen Preissteigerungen. Die Pensionsreform ist der Wassertropfen zu viel."

Erinnerungen an "Gelbwesten"

Dabei hatte Präsident Emmanuel Macron die Reform bereits im Wahlkampf angekündigt. Da seine Partei Renaissance und ihre Verbündeten jedoch keine ausreichende Mehrheit im Parlament haben, brauchte er Stimmen anderer Fraktionen und ließ sich auf Forderungen der Republikaner ein, die Altersgrenze auf 64 statt 65 hinaufzusetzen und allen Senioren ab sofort eine Mindestpension von 1.200 Euro zu garantieren.

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Der rechtsextreme Rassemblement National und die linken Parteien haben ebenfalls Widerstand angekündigt. Der Chef der Linkspartei La France Insoumise ("Das unbeugsame Frankreich"), Jean-Luc Mélenchon, bezeichnete die Pläne als "schweren sozialen Rückschritt" und rief dazu auf, sich einem Streiktag mehrerer Jugend-Organisationen am 21. Jänner anzuschließen – eine Konkurrenzveranstaltung zum Termin der Gewerkschaften.

Eine große Mehrheit der Bevölkerung lehnt die Reform ab. Befürchtet werden Massenstreiks wie in den Jahren 2019, als Macron einen ersten Reformversuch startete, oder 2010, als sein Vorgänger Nicolas Sarkozy das Rentenalter von 60 auf 62 Jahre erhöhte. Der Meinungsforscher Frédéric Dabi spricht von dem "Gefühl des Abstiegs", doch die soziale Stimmung sei weniger angespannt als im Herbst 2018, als sich die "Gelbwesten" formierten.