Panzerstreit: Unverständnis bei Experten über Zögern Deutschlands
Experten haben am Freitag mit Unverständnis auf die verschobene Entscheidung über Kampfpanzer-Lieferungen des Westens an die Ukraine reagiert. Grund dafür sei, dass der Westen immer noch daran glaube, dass es um die Optionen Krieg oder Frieden gehe, "dabei sind die Optionen für die Ukraine Krieg oder totale Unterwerfung", sagte die Direktorin des Austria Instituts für Europa- und Sicherheitspolitik (AIES), Velina Tchakarova, am Freitagabend in der "ZIB 2".
Die Ängste Deutschlands vor einer Eskalation des Konflikts durch die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine versteht die Expertin nicht. Es hab diese Ängste bereits in der Vergangenheit immer wieder gegeben, aber sie hätten sich nicht bewahrheitet. "Tatsächlich kommt eine Eskalation nicht von der Lieferung von Panzern, sondern die Eskalation kommt von Russland", so Tchakarova. Denn Russland glaube nach wie vor an einen Sieg und sei überzeugt, dass ein Sieg erzwungen werden könne. "Russland wird nicht aufgeben, weil das Ziel bleibt die komplette Unterwerfung der Ukraine", sagte die Expertin.
Das Problem sei weiterhin, dass es im Westen keinen strategischen Konsens darüber gebe, ob nur das Überleben der Ukraine gesichert werden solle oder ob die Ukraine unterstützt werden solle, damit sie einen Sieg nach ukrainischen Bedingungen erringen könne. Das würde eine Gegenoffensive bedeuten und dafür brauche die Ukraine eben Offensivwaffen, zu denen auch Kampfpanzer gehören.
Tchakarova prognostiziert noch einen langen Krieg. "Ich rechne mit einem Ermattungskrieg, der das ganze Jahr noch dauern wird", so die Expertin. Es gebe schon Hinweise, dass sich Russland auf einen solchen Ermattungskrieg vorbereite. Daher gehe sie davon aus, dass es erst Anfang des nächsten Jahres vor dem Präsidentenwahlen in Russland, die im März stattfinden, eine erste Zwischenentscheidung geben werde.
Auch der österreichische Militärexperten Gustav Gressel äußerte Kritik am Zögern Deutschland. Bei der Ukraine-Konferenz am Freitag in Ramstein habe es keinen Staat gegeben, der Deutschland aufgefordert hätte - implizit oder explizit -, die Panzer nicht zu liefern, so Gressel gegenüber der deutschen Tageszeitung "Welt" am Freitag. Gegen die Panzerlieferungen sprechen würden "nur deutsche innenpolitische Bedenken", so Gressel, der die Eskalationsangst des NATO-Landes als "hochunbegründet" bezeichnete.