Politik/Ausland

"Österreich kämpft gegen Steuerbetrug"

Es war Freitagfrüh, als Bundeskanzler Werner Faymann die Andeutung machte, Österreich sei bereit, die Anonymität ausländischer Kontoinhaber aufzuheben. Konkret geht es darum, die Informationen über Zinserträge von EU-Ausländern, die in Österreich ein Bankkonto haben, automatisch an die Finanzämter ihrer Heimatländer zu melden. So soll verhindert werden, dass Steuern auf Zinserträge hinterzogen werden.

Jahrelang haben Österreich und Luxemburg die Ausweitung der so genannten Zinsbesteuerungsrichtlinie blockiert. Ex-Finanzministerin Maria Fekter sagte Nein und machte daraus eine Prestige-Angelegenheit. Faymann, der sich gegen Steuerbetrug einsetzt, kann Österreichs Veto nicht länger aufrechterhalten, ohne unglaubwürdig zu werden. Michael Spindelegger hat Faymann ganz offensichtlich auf seiner Seite. „Die Aufgabe der Blockade ist mit Spindelegger leichter. Da vertraue ich dem neuen Finanzminister sehr.“

Druck auf Steueroasen

In einem vertraulichen Gespräch mit dem neuen luxemburgischen Premier Xavier Bettel vereinbarte Faymann, wie die Blockade im März aufgehoben werden soll. Formal beschließen die neue Richtlinie die Finanzminister, also auch Michael Spindelegger. Faymann sagte gegenüber dem KURIER, dass Österreichs Zustimmung zum automatischen Informationsaustausch, „Teil des Kampfes gegen Steuerbetrug auf jeder Ebene ist“. Das Bankgeheimnis für Österreicher bleibe unangetastet, betonte Faymann.

Druck machte der Bundeskanzler auf die EU-Kommission, mit den Nicht-EU-Staaten Schweiz, Liechtenstein, Monaco, San Marino und Andorra ein Abkommen zu verhandeln. Diese Staaten dürften nicht länger Steueroasen sein, sie sollten Teil des automatischen Informationsaustausches in der EU sein.

Ein Junktim zwischen der Deblockade und dem Abschluss eines Abkommens mit den genannten Ländern gibt es aber nicht. Laut EU-Experten hat die Schweiz bereits signalisiert, mit der EU kooperieren zu wollen.

Bei der Pressekonferenz nach dem EU-Gipfel kündigte der Bundeskanzler an, dass Österreich an der Eröffnung der Olympische Spiele in Sotschi teilnehmen werde. „Das ist keine Veranstaltung, wo man durch Abwesenheit irgendetwas demonstriert.“ Außerdem könne man Kritik an den russischen Gastgebern auch äußern.

Vereinbart wurde beim Gipfel auch, dass die EU gemeinsam in Zentralafrika vorgehen wolle. Gedacht sei dabei an humanitäre und militärische Einsätze. Ob Österreich sich dabei mit Soldaten beteiligen könnte, darauf wollte Bundeskanzler Faymann nicht näher eingehen. Nur so viel: „Militäraktionen stehen nicht im Vordergrund.“

Es scheint in der EU nur zwei Geschwindigkeiten zu geben: Ganz schnell, wenn wirklich der Hut brennt – oder mit Gemächlichkeit und mehr Verschiebungen als Entscheidungen. Nachdem die Talsohle der Krise durchschritten scheint, ist man wieder beim langsamen Tempo angelangt.

So hatten es die Staats- und Regierungschefs bei diesem Treffen nicht eilig, konkrete Beschlüsse zur Vertiefung der gemeinsamen Verteidigungspolitik zu fassen – es blieb bei Ankündigungen. Auch ein Absegnen der „Reform-Partnerschaften“ (Wettbewerbspakt) wurde vertagt – auf Oktober 2014.

Wobei es fraglich scheint, ob das Projekt, das Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel seit Monaten immer wieder aufs Tapet bringt, überhaupt noch kommt. Die Idee: Länder der Eurozone erhalten günstige Kredite aus Brüssel und verpflichten sich im Gegenzug zu Reformen, etwa im Sozial- oder Gesundheitssystem. Derzeit dürften die Skeptiker im Kreis der Regierungschefs die Mehrheit haben: Viele ließen sich „diesen Vorschlag nicht einmal als Idee gefallen“, sagte Bundeskanzler Werner Faymann. Merkels Idee sei noch „völlig unausgegoren, dem kann man nicht zustimmen“.

Die Kanzlerin betonte wiederum: „Es geht nicht darum, dass die EU Länder zu Reformen bewegt“; sondern dass manche Länder sich Reformen nicht leisten könnten – und hierfür die Unterstützung der Gemeinschaft brauchen würden. „Dafür will ich weiter kämpfen“, sagte Merkel, „was die anderen bis Oktober tun werden, kann ich nicht sagen“.

„Tür für die Ukraine steht offen“

Am zweiten Gipfeltag standen auch außenpolitische Themen auf der Agenda der EU-Staats- und Regierungschefs. Erneut bekräftigten sie, dass die EU das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine unterzeichnen wolle, erpressen lasse man sich aber nicht. „Wir sind ja keine Teppichhändler“, brachte es der Newcomer im Europäischen Rat, der luxemburgische Premier Xavier Bettel, auf den Punkt. Und Merkel sagte: „Die EU kann Türen offen halten – aber die Entscheidung kann sie nicht für die Ukraine treffen.“