Politik/Ausland

Noch eine Million Flüchtlinge

"Ich sehe überhaupt keinen Weg, wie der Wahnsinn in nächster Zeit enden soll." Im Gespräch mit einem Reporter des britischen Guardian, – einem der wenigen westlichen Journalisten, die sich zuletzt noch nach Syrien wagten, hat Geschäftsmann Samer alle Hoffnung aufgegeben. "Es geht nur noch ums Überleben. Und das ist nur noch eine Frage des Glücks. Ein Tag nach dem anderen."

Selbst in der vergleichsweise noch nicht vom Krieg verwüsteten Hauptstadt Damaskus lauert überall der Tod: Autobomben, Raketenbeschuss, Scharfschützen. Strom gibt es, wenn überhaupt nur noch zwei Stunden am Tag. Die Preise für Lebensmittel haben sich zuletzt verzehnfacht.

Nach schweren Kämpfen mit Aufständischen hat die massive geschwächte Armee von Diktator Assad zuletzt an Boden verloren. Umso heftiger fliegt die Luftwaffe Angriffe auf Städte und Regionen, die von Rebellen gehalten werden. Dort, besonders rund um die Städte Aleppo, Homs und Deera, wird die Lage indessen immer verzweifelter. "Die vergangenen Monate in Syrien waren extrem, brutal", schildert UNHCR-Sprecherin Melissa Fleming, "in fast allen Regionen sind die Kämpfe intensiver geworden."

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Eine Faktum, das bis Jahresende noch eine weitere Million Syrer zur Flucht außer Landes treiben wird, befürchtet man bei der UNO. Über vier Millionen haben in dem fast fünfjährigen Krieg bereits das Land verlassen. Und innerhalb Syriens bewegen sich derzeit 7,6 Millionen Binnenflüchtlinge. Sie retteten sich vor der Armee, vor den jeweils feindlichen Rebellengruppen oder vor den vorrückenden Milizen des "Islamischen Staates".

Kein Geld für Essen

Sie alle aber stehen vor der nächsten Katastrophe: Der UNO geht das Geld aus, ab November wird das UN-Welternährungsprogramm keinen der bisher fünf Millionen von ihnen versorgten Syrern mit Lebensmitteln unterstützen können.

650 Millionen Euro wären nötig, um diese fünf Millionen Menschen in Syrien bis zum Jahresende mit dem Allernötigsten zu versorgen, schildert der UN-Koordinator für Syrien, Yacoub el-Hillo. "Wir haben die Möglichkeit, diese Menschen in Syrien zu halten. Aber wenn wir nicht in diese Hilfe investieren, wird sich dieser menschliche Zug in alle Richtungen davon setzen, nach Europa inklusive."