Politik/Ausland

"Gut geölte Killermaschine": Lebenslang für niederländischen Mafiaboss

Von Raphael Bossniak

Der niederländische Investigativjournalist Peter R. de Vries stand auf einer Todesliste. Als Vertrauensperson für Nabil B., einem Kronzeugen im Prozess gegen die Drogenmafia, war er ins Visier von Auftragskillern geraten. Schließlich strecken den Starreporter im Juli 2021 fünf Schüsse auf offener Straße in Amsterdam nieder.

Der mutmaßliche Auftraggeber des Mordes wurde nun am Dienstag verurteilt. Dreimal lebenslange Haft schlug es für den Bandenchef mit dem Spitznamen „Todesengel“ Ridouan Taghi. 2019 hatte man den Mafiachef in Dubai geschnappt. Hier war er untergetaucht und lebte unauffällig in einer Vorortsvilla.

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Neben Taghi verurteilte die Niederlande 16 Komplizen, zwei davon ebenfalls zu lebenslanger Haft. Über sechs Jahre hatte der gigantische Prozess angedauert.

„Wenn wir die Nachrichten in der Gerichtsdatei lesen, landen wir in einer Welt, in der das menschliche Leben keinen Wert hat“, sagte der Gerichtspräsident. Dem Gericht liegen die Handys des Drogenringes vor.

Töten für den Drogenhandel

Mittels verschlüsselter Chats hatte Taghi die Morde in Auftrag gegeben. „Nacheinander, einer nach dem anderen wie bei Domino“, schrieb ein Komplize Taghis in einer von der niederländischen Polizei veröffentlichten Nachricht. "Habe meine Nikes an und bin auf der Jagd. Bin schon betrunken und brauche Blut Blut", so Taghi nach der Ermordung eines angeblichen Verräters.

Rivalen, Polizisten und Partner, die ihre Schulden nicht bezahlen konnten, landeten auf der Todesliste des Kokainbarons. Der Staatsanwaltschaft sprach von einer „gut geölten Killermaschine". Für einen Mord gab es 50 000 Euro bar auf die Hand. Die Todeskommandos arbeiteten nicht nur mit Peilsendern, sondern bezahlten auch korrupte Beamte für Informationen. Ziel war es, den Drogenschmuggel, besonders mit Kokain aus Kolumbien, in den Niederlanden zu kontrollieren.

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Die großen Seehäfen in den Niederlanden und Belgien, wie Rotterdam und Antwerpen, sind ein beliebter Umschlagsort für Drogen. Hier werden Container ungeöffnet von Schiffen auf LKWs umgeladen. Für Banden ist es ein Leichtes, mittels korrupten Hafenarbeitern Kokain und synthetische Drogen wie MDMA vorbei zu schmuggeln.

Der Prozess fand in einem Hochsicherheits-Gericht, bekannt als „Der Bunker“, statt. Man fürchtet die Vergeltung der Drogenbanden: Der Richter blieb anonym und Panzerfahrzeuge der Polizei umringten das Gebäude.

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Drei Morde sollten Prozess sabotieren

Entscheidend war die Vertrauensperson des ermordeten Journalisten de Vries, Nabil B. Der Kronzeuge war selbst einst Teil der „Mocro-Mafia“. Der Name des hauptsächlich von marokkanischen Niederländern geführten Drogenrings kommt vom niederländischen Slang-Begriff für „Marokkaner“.

Nabil besorgte 2017 ein Fluchtauto für ein Attentat. Unwissend, dass der Anschlag einem Freund von ihm galt.  Das Gangmitglied wechselte darauf die Seite und stellte sich der Polizei.

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Daraufhin versuchte Taghi ihn mit Terror zum Schweigen zu bringen. Nur eine Woche, nachdem Nabil übergelaufen war, wurde sein Bruder, der kein Krimineller war, in eine Falle gelockt und ermordet. Nabil B. zog erst seine Aussage zurück, entschloss sich aber danach weiterzumachen. 

Doch die Mafia erhöhte den Druck: 2019 wurde Nabils Anwalt vor seinem Haus niedergeschossen, 2021 folgte der Mord an de Vries. Taghi soll die Morde aus dem Gefängnis heraus befohlen haben. Die drei Auftragsmorde an Nabils Bruder, seinem Anwalt und de Vries werden noch in einem separaten Prozess verhandelt.

Kronzeuge Nabil B., der selbst in Morde verwickelt war, sprach von dem „krankesten und vergiftesten Prozess aller Zeiten". Dank Strafminderung durch seinen Kronzeugen-Status soll er nur zehn Jahre absitzen.