Politik/Ausland

Nestlé süßt Babynahrung – aber nur in Ländern des Globalen Südens

Durchgeführt hat die Untersuchung die Schweizer Nichtregierungsorganisation "Public Eye" zusammen mit dem "International Baby Foods Action Network". Sie nahmen die beiden Getreidebrei- und Milchpulvermarken Cerelac und Nido von Nestlé unter die Lupe, die in Asien, Afrika und Lateinamerika weit verbreitet sind. Beide werden vom größten Nahrungsmittelhersteller der Welt als "gesund für Kinder" beworben, und gelten als sogenannte "billion brands" – Marken, die je über eine Milliarde Schweizer Franken zu Nestlés Umsatz beisteuern. Nido, auf dem Markt seit 1944, gilt sogar als Nestlés bestverkaufte Folgemilch-Marke weltweit.

Das Ergebnis der Untersuchung: In den Ländern des Globalen Südens werden oft hohe Mengen Zucker zugesetzt. Medien berichten, dass in dem Getreidebrei für sechs Monate alte Babys, der in der Schweiz erhältlich ist, kein Zucker enthalten ist. Im Senegal hingegen seien pro Portion sechs Gramm Zucker enthalten.

Ähnlich verhalte es sich bei einem anderen Weizenbrei, der in Deutschland und Großbritannien vertrieben werde: Er sei in europäischen Ländern ganz ohne Zucker, in Südafrika und Äthiopien aber mit mehr als fünf Gramm pro Portion versetzt – so viel wie etwa ein Würfel Zucker enthält.

Die NGO und Kritiker sprechen von einer bewussten Strategie der Industrie, Kinder frühzeitig an einen bestimmten Zuckergehalt zu gewöhnen, damit sie später süße Lebensmittel und Süßigkeiten die auch unter die Produkte von Nestlé fallen bevorzugten.

WHO: Kein Zucker für Kinder unter drei Jahren

Nestlé selbst wird in den Medien folgend zitiert: Man halte sich bei der Säuglingsnahrung nicht nur an alle Gesetze, sondern auch an die Empfehlungen der WHO. Zur aktuellen Studie teilt der Konzern ganz allgemein mit, an die "Nährwertqualität" seiner "Produkte für die frühe Kindheit" zu glauben, so der deutsche Spiegel. Man verwende hochwertige Zutaten, "die an das Wachstum und die Entwicklung der Kinder angepasst sind". Beide Produkte, Cerelac als auch Nido, sind Teile eines internationalen Ernährungsprogramms von Nestlé, welches 50 Millionen Kindern bis zum Jahr 2030 weltweit zu einer gesünderen Lebensführung verhelfen solle.
 
Die WHO rät, Kinder unter drei Jahren generell weder zugesetzten Zucker noch Süßungsmittel vorzusetzen. Beides könne bereits im frühen Kindesalter zu Übergewicht, Herz- und Kreislaufproblemen sowie Diabetes führen.
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Milchpulver-Skandal

Schon einmal stand Nestlé wegen seiner Babynahrung in heftiger Kritik: In den Siebzigerjahren vermarktete das Weltunternehmen sein Milchpulver in Entwicklungsländern. Über die Risiken ließ man die Frauen im Unklaren: Weil es mit verunreinigtem Wasser angerührt wurde, wurde Nestlés Ersatzmilch verantwortlich gemacht für den Tod Tausender Babys, die unter anderem an Durchfall starben.