Politik/Ausland

Österreicher nach IS-Attacke verschwunden

Es ist das Horrorszenario schlechthin für das Außenministerium. Ein Österreicher in der Händen der Terrormiliz "Islamischer Staat (IS)". Nach einem Überfall auf das Al-Ghani-Ölfeld deutet viel daraufhin, dass dieser Albtraum Wirklichkeit wird.

Offiziell gilt der 39-jährige Oberösterreicher derzeit noch als vermisst, doch im von Ressortchef Sebastian Kurz einberufenen Krisenstab im Wiener Außenministerium wird das Schlimmste befürchtet. Seit Freitag beraten die Ressorts Inneres, Verteidigung und Äußeres in Permanenz. Die Operation läuft über die tunesische Botschaft, die durch Mitarbeiter des Ministeriums verstärkt wurde.

Fix ist bisher, dass eine dem "Islamischen Staat" zugerechnete Miliz am Dienstag mehrere Ölfelder in Libyen angegriffen hat. Während zwei Förderstellen rechtzeitig evakuiert werden konnten, wurden bei Al-Ghani elf Wachmänner getötet. Einige davon dürften geköpft worden sein.

Elf Leichen

Am Freitag Nachmittag wurde das Ölfeld rund 100 Kilometer südlich von Sirte von regulären libyschen Armeeeinheiten zurückerobert. Dabei stießen die Soldaten auf die elf Leichen. Darüber hinaus wurden die Maschinen, aber auch die Wohnquartiere der Arbeiter zerstört aufgefunden.

Von neun Ölarbeitern (darunter der Österreicher sowie ein Tscheche, Philippiner, Pakistani und Sudanesen) fehlt hingegen seither jeder Spur. Möglich ist, dass diesen in irgendeiner Weise die Flucht gelungen ist. Dann könnten sie in der Wüste verschollen sein.

Es werden jedoch Erinnerungen an einen ähnlichen Überfall auf das Mabruk-Ölfeld vor einem Monat wach. Auch damals verschwanden mehrere philippinische Arbeiter. Von ihnen fehlt bis heute jede Spur, es gibt auch kein Lebenszeichen oder irgendwelche Forderungen von möglichen Entführern. Auch hier werden IS-Milizen für den Angriff verantwortlich gemacht.

Wieder Entführung?

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Das Außenministerium in Wien hat in der Sahara-Region jedenfalls bereits Erfahrungen mit Entführungen. 2008 waren die Salzburger Andrea Kloiber und Wolfgang Ebner 252 Tage in den Fängen eines Al-Kaida-Ablegers in Algerien und Mali. Drei Jahre zuvor waren einige Dutzend Österreicher und Deutsche in Algerien gekidnappt. Bis heute gibt es unterschiedliche Berichte, ob und wie viel Lösegeld geflossen ist. Allerdings hat der IS zuletzt weniger auf Geld als auf spektakuläre Auftritte gesetzt. Erst Mitte Februar wurden 21 koptische Christen an einem Strand bei Tripolis geköpft und anschließend ein Video der Tat verbreitet.

Austro-Dschihadist

Zuletzt wurden jedenfalls zahlreiche Kämpfer des IS aus Syrien und Irak nach Libyen geschickt, da die dortige Lage (siehe Zusatzbericht) derzeit mehr Erfolge verspricht. Auch der Wiener Extremist Mohamed Mahmoud wird derzeit von Geheimdiensten in Libyen vermutet. Dieser hatte zuletzt wieder vage Drohungen gegen Europa ausgestoßen.

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Seit Monaten warnen Libyen-Experten vor dem Vormarsch der radikal-sunnitischen Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in dem ölreichen nordafrikanischen Staat. Libyen ist seit dem Sturz von Langzeit-Machthaber Muammar al-Gaddafi 2011 nie mehr zur Ruhe gekommen. Es gibt zwei Regierungen, die einander bekämpfen, und zudem unzählige Milizen, darunter auch radikalislamische. In diesem von Bürgerkrieg geschwächten Land fällt es dem IS nicht schwer, an Terrain zu gewinnen. Wie stark die Terrormiliz in dem Machtvakuum schon werden konnte, lässt sich schwer einschätzen.

"Es sieht sehr düster aus", sagte Libyen-Experte Wolfgang Pusztai im KURIER-Gespräch. Er setzt seine Hoffnungen auf Ägypten und dessen starke Armee. Seit der Enthauptung ägyptischer Kopten in Libyen fliegt Kairos Luftwaffe Angriffe gegen den IS