Politik/Ausland

Militäreinsatz der EU gegen Schlepper rückt näher

Ein gemeinsamer Militäreinsatz der EU-Staaten gegen Schlepper, die Flüchtlinge unter Lebensgefahr über das Mittelmeer Richtung Europa bringen, rückt näher: In Brüssel wird unter Hochdruck an den Details gearbeitet; schon am Montag könnten die Außen- und Verteidigungsminister der EU-28 eine grundsätzliche Entscheidung über das weitere Vorgehen treffen. Endgültig abgesegnet soll der Einsatz beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs im Juni werden.

Einige Details über die Mission, die "EU Navfor Med" heißen soll, sind bereits durchgesickert: So soll das Hauptquartier in Italien liegen, auch das Kommando soll mit Admiral Enrico Credendino ein Italiener führen.

UNO-Mandat

Was genau EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini den versammelten Ministern am Montag vorlegen wird, dürfte auch von den Beratungen im UN-Sicherheitsrat abhängen. Die UN-Resolution, auf deren Basis der EU-Einsatz ablaufen soll, soll in den kommenden Wochen verabschiedet werden. Russland, das im Sicherheitsrat über ein Veto verfügt, soll die geplante Zerstörung von Schlepperbooten ebenso wie mögliche Einsätze an Land ablehnen.

Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier ist zuversichtlich, dass es das UN-Mandat bald geben wird: "Nach meinem Eindruck gibt es nicht ein prinzipielles Veto von einer der Veto-Mächte", sagt Steinmeier. Es sei "eher eine Frage der Formulierung."

Skeptisch ist Steinmeier hingegen, was den Kampf gegen die Schlepper an Land anbelangt: "Wenn man sich die Lage in Libyen anschaut, sind sich alle einig, dass eine solche Operation derzeit nicht möglich ist." Der Einsatz von Bodentruppen wäre ohnehin erst dann vorgesehen, wenn mit den Behörden vor Ort Einigkeit darüber erzielt werden konnte.

Schon bevor es grünes Licht vom UN-Sicherheitsrat gibt, könnten die Staaten mittels Geheimdienstinformationen und militärischer Aufklärung ein präzises Bild der Lage vor Ort erstellen. Auch die Kontrolle und das "Beschlagnahmen" von mutmaßlichen Schlepper-Schiffen könnte vorerst ohne UN-Mandat geschehen. Mit UN-Auftrag sollen dann Boote zerstört und Kriegsschiffe vor der Küste Libyens geparkt werden, um Schlepper abzuschrecken.

Neue Verteilung

Parallel zur Militär-Mission laufen auch die Vorbereitungen für eine EU-Flüchtlingsquote, wie sie die Kommission diese Woche vorgeschlagen hat. "Die Flüchtlingsquote wird eine Überlebensfrage für die EU", sagt Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (siehe Artikel rechts). Österreich fordert die Quote seit Langem und würde dadurch auch massiv entlastet werden. Nachdem mehrere Staaten – u. a. Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn – die Quote vehement ablehnen, wird jetzt hinter den Kulissen um eine Mehrheit im Rat gefeilscht. In Brüsseler Diplomatenkreisen heißt es bereits, dass manche Staaten ihre Zustimmung zur Militärmission an das Zustandekommen der Quote knüpfen könnten – um so Druck für ein Pilotprojekt mit einem gemeinsamen Verteilungsschlüssel aufzubauen.

In seltener Einigkeit verkünden die beiden Minister Gerald Klug und Sebastian Kurz am Rande des Staatsaktes zum 60. Jahrestag der Unterzeichnung des Staatsvertrages gegenüber dem KURIER: "Wir ziehen beim Vorgehen gegen Schlepper an einem Strang. Österreich unterstützt den Kampf gegen Schlepperbanden. Und wir stimmen uns auch eng ab."

Politisch befürworten beide Minister den EU-Einsatz im Mittelmeer. Sowohl für den Verteidigungs- als auch für den Außenminister gilt, dass eine österreichische Teilnahme nur auf Basis eines Mandates des UN-Sicherheitsrates möglich ist. In welcher Form diese Beteiligung Österreichs dann erfolgt, ist noch offen. Das hänge vom Mandat ab, heißt es in beiden Ministerien. Da Österreich keine maritime Nation ist, kommen bestenfalls einige Militär-Experten in Frage.

Rettung im Vordergrund

Generell gilt für Österreich, dass die Seenotrettung von Flüchtlingen im Vordergrund steht, so wie es auch beim Sondergipfel am 23. April in Brüssel vereinbart worden ist. Allerdings haben sich die Staats- und Regierungschefs auch zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität bekannt, auch militärisch.

Am Beginn der kommenden Woche tagen die Außen- und Verteidigungsminister in Brüssel. Dann wollen die EU-Minister über den Einsatz im Detail beraten. Bis zum Montag wird dann wohl auch feststehen, ob es für die Mission ein UNO-Mandat gibt – und was es alles beinhaltet. Die 28 EU-Außen- und Verteidigungsminister sowie die Außenbeauftragte Federica Mogherini gehen davon aus, dass ein Mandat zustande kommt. Im Hintergrund arbeitet vor allem Deutschland an so einer Absicherung und daran, den Widerstand der Russen dagegen zu brechen. Bislang haben sich russische Diplomaten gegen den Begriff "Zerstörung von Booten" gesträubt. Jetzt wird an Formulierungen des Mandats gefeilt.