"Auswirkungen einseitiger Entscheidungen"
In Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze war es am Samstag ein wenig sonnig. Nach mehreren regnerischen Tagen nutzten das viele der rund 12.000 Flüchtlinge vor Ort, um ihre tagelang feucht gebliebenen Kleider auf Zelten und Zäunen zum Trocknen aufzuhängen.
Während europäische und türkische Politiker sich auf den Sondergipfel vorbereiten (siehe auch Seite 6), bleibt die Lage für die Flüchtlinge weiter schwierig. Lange Menschenschlangen sind vor dem Grenzübergang bei Idomeni zu sehen – alle wollen nach Mazedonien und von dort weiter nach Norden. Doch die Grenze bleibt weiter zu.
Gleichzeitig kommen täglich 1900 Flüchtlinge über die Türkei auf griechischen Inseln an. Nur schleppend geht die Verteilung aufs Festland weiter. Dennoch sind allein Samstagvormittag 1000 Flüchtlinge von den Inseln Lesbos und Chios nach Piräus gebracht worden. Die Regierung schätzt, dass sich etwa 32.000 Flüchtlinge in Griechenland befinden. EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos glaubt, dass es bis März 100.000 sein könnten.
Mehr Platz schaffen
Und die deutsche Kanzlerin macht schon wieder Druck. In einem Interview mit der heutigen Bild am Sonntag drängt Angela Merkel die griechische Regierung, rascher Unterkünfte für Flüchtlinge zu schaffen. 50.000 Plätze hätte Athen bis Ende 2015 zur Verfügung stellen sollen – und ist noch immer weit in Rückstand.
Das sei mit Ministerpräsident Alexis Tsipras abgesprochen. Der hatte Merkel zuvor noch für ihre Flüchtlingspolitik gelobt und sie um Hilfe gebeten. Die beiden signalisieren einen gemeinsamen Weg. Merkel gibt in der Bild zudem Österreich mitschuld an der schwierigen Situation in Griechenland: Die "einseitigen Entscheidungen" von Österreich und den Balkanländern hätten sich "leider zulasten unseres Partners und Schengen-Staates Griechenland" ausgewirkt.
Dort ist es aber nicht der um europäische Hilfe rufende Staat, der die Flüchtlinge versorgt, sondern vor allem private Helfer und NGOs. "Hier war noch nie ein Minister oder Parlamentarier zu sehen. Was die Menschen essen und trinken, und wie sie schlafen – das interessiert kein Schwein", sagt ein Helfer auf der Insel Samos. Dass sich die Griechen auf den Staat nicht verlassen können, sei aber für sie nichts Neues.
In besser organisierte Lager, etwa in Nea Kavala – rund 15 Kilometer südlich der Grenze – wollen die meisten Flüchtlinge nicht. Sie wollen bereit sein, wenn sich die Tore in Richtung Norden wieder öffnen.