Politik/Ausland

Kanzlerin Merkel berät heute mit Kabinett: Grenzkontrollen bald vorbei?

Europa hat sich abgeschottet – nach außen wie innen. Seit Mitte März haben fast alle EU-Staaten Grenzkontrollen eingeführt, um die die weltweite Ausbreitung des Corona-Virus einzudämmen.

Nun zeigen sich zwar einige Länder nach innen bereits lockerer, das öffentliche Leben läuft an, doch nach außen, hält man dicht. So darf derzeit nur nach Deutschland rein, wer Staatsbürger ist oder einen "triftigen Grund" hat, wie Beruf und Familie oder, um Waren zu transportieren. Bis zum Freitag, 15. Mai will Innenminister Horst Seehofer die Kontrollen an den Grenzen zu Österreich, Schweiz, Frankreich, Luxemburg und Dänemark fortsetzen. Polen und Tschechien haben von sich aus begonnen, zu kontrollieren, und werden sie beibehalten. Ebenso Österreich, das bis 31. Mai die Grenzen zu seinen Nachbarländern kontrollieren will.

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Merkel nennt zweistufigen Prozess

Doch das könnte sich bald ändern. Wenn ab heute zwischen Oberösterreich und Bayern drei weitere Grenzübergänge öffnen, könnte das vielleicht schon die Aussicht auf mehr sein.

Wie deutsche Medien berichten, soll die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Videokonferenz mit ihrer Partei eine schrittweise Öffnung der Grenzen zu den Nachbarländern in Aussicht gestellt haben. Wenn es das Infektionsgeschehen hergebe, habe man eine klare Perspektive zur Wiederherstellung der Schengen-Systems offener Binnengrenzen in der EU, sagte Merkel demnach.

Neben niedrigen Infektionszahlen wären Absprachen mit Nachbarländern und Ministerpräsidenten eine Vorrausetzung für Grenzöffnungen. Dabei werde es häufig einen zweistufigen Prozess geben. Ihr sei wichtig, dass die Kontrollen nicht "bis ultimo" fortgesetzt würden, wurde Merkel zitiert.

In Frankreich, wo am Montag die Ausgangssperre fiel, will man bis Mitte Juni an den Kontrollen festhalten. Das habe der französische Präsident Emmanuel Macron in einem Telefonat am Montag der Kanzlerin Merkel erklärt. Allerdings wollen beide an einer Normalisierung der deutsch-französischen Grenze arbeiten. Merkel sprach laut Teilnehmerkreisen von mehreren Möglichkeiten einer Erleichterung. Das gelte auch für Österreich und die Schweiz. Dazu hat Angela Merkel auch mit Bundeskanzler Sebastian Kurz telefoniert.

Stichprobenartige Kontrollen und Grenzöffnung bis 15. Juni

Aus den Reihen von Union, SPD und den Grenzregionen war Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zuvor aufgefordert worden, die bis 15. Mai bestehenden Grenzkontrollen an den deutschen Grenzen zu beenden.

An diesem Mittwch will die Regierung jedenfalls besprechen, wie sie damit weiter verfahren wird. Beispielsweise wird überlegt, an den aktuell noch geschlossenen kleineren Grenzübergängen demnächst nur noch stichprobenartig zu kontrollieren. Im Gespräch ist auch eine Regelung, die eine grundsätzliche Einreiseerlaubnis für Einwohner grenznaher Regionen vorsieht. In einzelnen deutschen Bundesländern gibt es darüber hinaus Pläne, die Corona‐Quarantäne für Einreisende zu kippen.

Schon ab dem 15. Juni könnte es dann laut Plan überhaupt keine Grenzkontrollen mehr geben, will die Bild-Zeitung aus dem Innenministerium erfahren haben. Etwa so lange (16. Juni) gilt auch die weltweite Reisewarnung des Auswärtigen Amtes. Bis dahin sollen Deutsche auf Urlaubsreisen im Ausland verzichten. Ob diese Warnung verlängert wird, ist abhängig vom Infektionsgeschehen. Nach Angaben aus Koalitionskreisen wird überlegt, mittelfristig nur noch vor Reisen in bestimmten Länder zu warnen.

Aus dem Auswärtigen Amt heißt es gegenüber dem KURIER, dass Reiseempfehlungen und Einreisebestimmungen in allen EU-Staaten "nicht unbedingt einheitlich sein müssen, diese bleiben letztlich nationale Entscheidungen. Insbesondere werden dabei die epidemiologische Lage und die Maßnahmen in den jeweiligen EU-Mitgliedstaaten zu berücksichtigen sein".

Empfehlungen der EU-Kommission

In Brüssel will die EU-Kommission an diesem Mittwoch ebenfalls etwas vorlegen: Leitlinien zur schrittweisen Aufhebung der Kontrollen. Krisengeplagte Europäer könnten also bald wieder innerhalb der EU reisen, arbeiten, Familie und Freunden besuchen. "Da sich die Gesundheitssituation allmählich verbessert, sollte sich die Abwägung ändern, hin zu einer uneingeschränkten Personenfreizügigkeit", heißt es.

Wie das Handelsblatt aus den Empfehlungen der Behörde zitiert, sollen zunächst Kontrollen in Regionen gelockert werden, wo die Infektionszahlen auf beiden Seiten der Grenze vergleichbar seien. Ein koordiniertes und behutsames Vorgehen sei wichtig. Zudem sei von "größter Bedeutung", dass genügend Tests zur Verfügung stünden und die Behörden über Grenzen hinweg bei der Kontaktverfolgung von Erkrankten zusammenarbeiteten.

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