May am Schleudersitz: Entsetzte Reaktionen zu Kompromissangebot
Die britische Premierministerin Theresa May befindet sich nach ihrem Kompromissangebot zum Brexit an die Sozialdemokraten immer stärker auf dem Schleudersitz. Die Hardliner in ihrer Tory-Partei zeigten sich entsetzt über das Vorgehen Mays. Die dem Chef der Labour-Partei Jeremy Corbyn angebotene Zusammenarbeit wurde verurteilt. Corbyn sei ein "bekannter Marxist", sagte der konservative Abgeordnete Jacob-Rees Mogg. Er bezeichnete laut Daily Mail Corbyn als neuen stellvertretenden Premier von May.
Allerdings kam zuletzt auch von sozialdemokratischer Seite eine Warnung an Corbyn, nicht in eine Falle zu tappen. Dabei könnte Blut an den Händen von Corbyn hängen bleiben, wenn Großbritannien die EU nun mit einem sanfteren Deal oder überhaupt nicht verlasse, wurde ein britischer Labour-Abgeordneter zitiert.
Aus Protest gegen die Entscheidung May hat darüberhinaus sogar der konservative Abgeordnete Nigel Adams seinen Rücktritt als Staatssekretär für Wales erklärt. Auch er kritisierte, dass es einen Deal mit "einem Marxisten" geben könnte.
Erfreut über das Kompromissangebot zeigten bislang einzig die Iren. Es sei sehr unwahrscheinlich, dass Großbritannien ohne Deal am 12. April die EU verlasse, sagte Außenminister Simon Coveney am Mittwoch. "Sie werden um eine kurze Verlängerung nächste Woche ansuchen. Und ich denke, Irland wird das unterstützen", erklärte Coveney dem irischen Staatsfernsehen.
"Allianz der Vernünftigen"
Unterdessen hat der ehemalige deutsche SPD-Vorsitzende und frühere EU-Parlamentspräsident Martin Schulz Corbyn aufgefordert, dem Deal zuzustimmen. Er hoffe, dass sich "die Allianz der Vernünftigen bildet".
May will sich nach ihrem Brexit-Kompromissangebot an die Opposition am Mittwoch den Fragen der Abgeordneten stellen. Bei der Fragestunde im Parlament (gegen 13.00 Uhr MESZ) muss die Regierungschefin mit ziemlich heftigem Gegenwind aus den eigenen Reihen rechnen.
May hatte am Dienstagabend nach einer siebenstündigen Krisensitzung ihres Kabinetts angekündigt, einen weiteren kurzen Aufschub des EU-Austritts zu beantragen. Sie wolle sich nun mit Oppositionschef Jeremy Corbyn von der Labour-Partei zusammensetzen und nach einer Lösung aus der Brexit-Sackgasse suchen.