Politik/Ausland

Massenproteste gegen geplantes Sicherheitsgesetz in Hongkong

Pekinger Pläne für ein neues Sicherheitsgesetz für Hongkong haben zu den schwersten Konfrontationen zwischen prodemokratischen Demonstranten und Sicherheitskräften in der chinesischen Sonderverwaltungszone seit Monaten geführt.

Die Polizei ging am Sonntag mit Tränengas, Pfefferspray und Wasserwerfern gegen tausende Demonstranten vor, die zu einem ungenehmigten Protestmarsch zusammengeströmt waren.

Mindestens 40 Menschen wurden nach Polizeiangaben festgenommen. Das neue Gesetz war am Freitag zu Beginn der alljährlichen Tagung des Nationalen Volkskongresses in Peking in die Wege geleitet worden. Es soll "Separatismus" und "Aufruhr" in Hongkong verbieten und ist eine Reaktion auf die monatelangen Massenproteste in der Sonderverwaltungszone im vergangenen Jahr.

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Prodemokratische Aktivisten und Politiker befürchten, dass durch das Gesetz die Bürgerrechte in Hongkong massiv eingeschränkt werden sollen. Mit der Demonstration am Sonntag setzten sich die Demonstranten auch über geltende Auflagen zur Bekämpfung des Coronavirus hinweg, die Versammlungen von mehr als acht Menschen verbieten.

"Ich habe große Angst, aber ich muss trotzdem dabei sein", sagte eine Demonstrantin der Nachrichtenagentur AFP. Die Demonstranten skandierten den populären Slogan "Befreit Hongkong, die Revolution unserer Zeit!" Viele Teilnehmer trugen Schilder mit dem Slogan: "Der Himmel wird die Kommunistische Partei Chinas vernichten." Auch US-Flaggen wurden geschwenkt.

Die Polizei forderte die Demonstranten auf, sich zu zerstreuen, bevor sie gewaltsam vorging. Manche Demonstranten bewarfen die Sicherheitskräfte daraufhin mit Regenschirmen und anderen Gegenständen.

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Die Massenproteste hatten sich im vergangenen Jahr über sieben Monate hingezogen und waren immer wieder in gewalttätige Konfrontationen mit der Polizei gemündet. Seit Jahresbeginn waren die Proteste stark abgeflaut, unter anderem infolge der von den Hongkonger Behörden erlassenen Corona-Restriktionen.

Mit seinen Plänen für das neue Sicherheitsgesetz goss Peking nun neues Öl ins Feuer. Das Gesetz bezieht sich auf einen Artikel der Hongkonger Verfassung, wonach die Sonderverwaltungszone durch Gesetze dafür zu sorgen hat, dass "Subversion" gegen die Regierung in Peking unterbunden wird.

Harte Hand

Eine solche Gesetzgebung wurde in Hongkong aber nie verabschiedet. Ein Anlauf dafür war 2003 im Parlament der Sonderverwaltungszone fallen gelassen worden, nachdem eine halbe Million Menschen dagegen auf die Straße gegangen waren. Peking will das Gesetz nun unter Umgehung des Hongkonger Parlaments in Kraft setzen. Der Nationale Volkskongress - das oberste chinesische Gesetzgebungsorgan - soll am Donnerstag darüber abstimmen.

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Das Vorhaben sorgt auch international für Kritik und Sorgen. Die EU und die USA zeigten sich alarmiert. Nach dem Willen Pekings soll das Gesetz "ohne die geringste Verzögerung" angewendet werden, wie Außenminister Wang Yi ankündigte. Es sei "notwendig", nachdem die Hongkonger Proteste im vergangenen Jahr "Chinas nationale Sicherheit ernsthaft gefährdet" hätten.

Die Demokratiebewegung sieht in dem Gesetzesvorhaben einen massiven Eingriff in den halbautonomen Status der Finanzmetropole. Der ehemaligen britischen Kronkolonie waren bei ihrer Übergabe an China 1997 unter dem Grundsatz "Ein Land, zwei Systeme" für 50 Jahre Sonderrechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit gewährt worden.

Bitte um internationalen Beistand

Wegen des Sicherheitsgesetzes fordern Vertreter der Demokratiebewegung Beistand aus dem Ausland, unter anderem in Form von Strafmaßnahmen gegen Peking. Deutschland und die EU sollten zudem "Bestimmungen zu Menschenrechten in Hongkong in künftige Handelsverträge mit China aufnehmen", schrieben die Aktivisten Joshua Wong und Glacier Kwong in der Zeitung Welt am Sonntag.

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Auch der letzte britische Gouverneur von Hongkong, Chris Patten, kritisierte das geplante chinesische Sicherheitsgesetz für die Sonderverwaltungszone scharf. "Das Volk von Hongkong ist von China verraten worden", sagte er der Zeitung The Times. Großbritannien habe die moralische, wirtschaftliche und rechtliche Pflicht, für die 1997 an China übergebene frühere Kronkolonie einzustehen. "Was wir sehen, ist eine neue chinesische Diktatur." Der Westen solle sich nicht von der illusorischen Aussicht auf Handelsvorteile zum Kotau vor China verleiten lassen.

Am Donnerstag hatte der chinesische Regierungschef Li Keqiang neue Gesetze und "Durchsetzungs-Mechanismen" zur Wahrung der nationalen Sicherheit in Hongkong angekündigt. Nach einem von Reuters eingesehenen Gesetzesentwurf beinhaltet das Vorhaben auch die Möglichkeit, chinesische Sicherheitsbehörden in die Sonderwirtschaftszone zu verlegen. Bisher kann die Pekinger Regierung nicht mit eigenen Polizisten in Hongkong aktiv werden.