Politik/Ausland

Macron übte Selbstkritik und dankte auch Österreich für Patienten-Übernahme

Theoretisch wird Frankreich in knapp einem Monat, am 11.Mai, die Beendigung der weitgehenden Ausgangssperre erleben, die bereits seit vier Wochen andauert und von den Behörden vergleichsweise streng gehandhabt wird. Das hat Präsident Emmanuel Macron in seiner TV-Ansprache am Montag-Abend in Aussicht gestellt.

 Aber bereits am Dienstag ergänzte der Macron-Intimus, Innenminister Christophe Castaner: „Der 11.Mai als Ausstiegsdatum ist keine Gewissheit, sondern ein anzustrebendes Ziel“.

 Macron hatte auch schon in seiner Rede den 11.Mai an Bedingungen geknüpft: die Epidemie, die jetzt erstmals stabilisiert scheint (wenn auch auf hohem Niveau), dürfe nicht wieder anschwellen. Deswegen dürfe die Bevölkerung nicht von ihrer strikten Einhaltung der Ausgangssperre abrücken.

Macron hatte in seiner Rede auch den Grund für diese Vorsicht in selten offener Weise eingestanden: „Waren wir (auf diese Krise) vorbereitet? Offensichtlich nicht ausreichend. Seien wir ehrlich: die Situation hat die Mängel deutlich gemacht“.

 Dabei verwies Macron auf den Mangel an Schutzmaterial für die Gesundheitsbediensteten und das Fehlen der nötigen Intensivbetten. Aber in dieser Notlage, die „Schwerfälligkeiten und Schwächen“ der Behörden zu Tage förderten, sei auch die Mobilisierung und der Einfallsreichtum der Franzosen bei der Lösungssuche hervorgetreten.

Dank auch an Österreich

In diesem Zusammenhang verwies Macron auch auf den Transport von Schwererkrankten aus den beiden Hauptinfektionsherden Frankreichs, dem Osten des Landes und dem Pariser Großraum, wo die Spitäler am Limit standen, in andere Regionen Frankreichs sowie in andere europäische Staaten. Wörtlich erwähnte Macron: „Luxemburg, Schweiz, Deutschland und Österreich, denen ich danke“.

In den Spitälern herrscht Erleichterung darüber, dass Macron die Ausgangssperre noch um vier Wochen verlängert hat. Seit fünf Tagen sinkt zwar die Zahl der Neuaufnahmen in den Reanimations-Abteilungen, die Lage bleibt aber angespannt: weiterhin fehlen stellenweise Schutzkittel, der Bestand an Narkosemitteln sinkt in bedrohlichem Ausmaß. Einige Ärzte meinten, der Staatschef habe den 11.Mai nur genannt, weil er ein späteres Ausstiegsdatum derzeit der Bevölkerung nicht zumuten konnte.  

Macron hat zwar versichert, dass „eine Produktion wie in Kriegszeiten“ in Gang gekommen sei, um in kürzester Zeit die nötige Zahl an Masken und 10.000 Beatmungsgeräte „auf französischen Boden“ herzustellen. Aber die Bevölkerung misstraut diesen Ansagen.

Widerstand gegen Öffnung der Schulen

 Das zeigt sich auch darin, dass die Ankündigung von Macron, die Schulen ab 11.Mai „schrittweise zu öffnen“ bei einem Teil der Eltern und Lehrer auf Ablehnung stößt: „Das ist noch viel zu riskant. Die Schulen müssten bereits einwandfreie hygienische Bedingungen bieten, und das können sie nicht. Soziale Distanzierung ist mit den Kleinen gar nicht möglich,“ warnte die Sprecherin eines Elternverbands.

Jedenfalls bleiben Bistros, Restaurants, Kinos, Theater oder Museen von der Öffnung am 11.Mai ausgeschlossen. Bis mindestens Mitte Juli gibt es auch keinerlei Großveranstaltungen. So wurde das weltberühmte Theaterfestival von Avignon bereits abgesagt.      

Macrons soziale Wende

Macron, der zuvor eine eher wirtschaftsliberale Agenda verfolgte, beteuerte jetzt zum zweiten Mal seit Ausbruch der Corona Krise eine Art sozialer Wende: gleich eingangs sprach er vom schweren Los derjenigen, die in „engsten Wohnverhältnisse“ die Ausgangssperre erdulden müssen. Die Krise habe gezeigt, dass „unsere Wirtschaft von Menschen getragen wird, die man nur schlecht bezahlt“, erklärte Macron, der in früheren Zeiten vor allem die „Erstvorderen“ der Wirtschaft gelobt hatte.  

Den Stützmaßnahmen für Unternehmen und Arbeitnehmer stellte Macron diesmal das Versprechen voran einer „besonderen Hilfe“ für die ärmsten Familien und mittellose Studenten. Auf internationalem Gebiet plädierte Macron für eine „massive Annullierung der Schulden unserer afrikanischen Freunde“.

Frankreich müsse „seine gesundheitliche, landwirtschaftliche und industrielle Unabhängigkeit wieder erringen“. Dafür, so Macron sinngemäß, sei eine Strategie der langfristigen Planung nötig. Es sei an der Zeit „aus Ideologien und vorgefassten Meinungen auszusteigen.“ Macrons Nachsatz: „Das gilt als erstes für mich.“