Politik/Ausland

Kurs auf Brexit: Freundlichkeit vor, Ratlosigkeit hinter den Kulissen

Zusammenarbeit, enge Beziehungen, Probleme gemeinsam angehen. Wer dem britischen Außenminister Boris Johnson bei seinem Kurzauftritt in Wien lauschte, empfing vor allem eine Botschaft: Ob EU-Mitglied oder nicht, Großbritannien bleibt verlässlicher Partner der Union.

Bei Österreichs Außenminister schwang da hörbar mehr Skepsis mit. Niemand, so Sebastian Kurz, habe behauptet, dass der Brexit schnell und einfach gehen werde. Tatsächlich herrscht hinter den Kulissen auf beiden Seiten des Ärmelkanals weitgehend Ratlosigkeit. Wie und wann soll der Brexit, Großbritanniens Austritt aus der EU, stattfinden, und vor allem, was kommt danach?

Die Regierung in London ist gespalten. Da gibt es die Verfechter des "harten Brexit", die auf das Kappen aller engeren Verbindungen zur EU drängen, und so vor allem die Grenzen Großbritanniens wieder dicht machen wollen. Andere dagegen wollen den "soft Brexit", der den Briten die Tür nach Europa für Waren und Dienstleistungen offen halten soll. Am liebsten, so machte die Regierung diese Woche deutlich, hätte man eine Mischung aus beiden.

Doch das Beste aus beiden Welten, das hat Brüssel deutlich gemacht, wird es nicht geben. Von einer gemeinsamen Linie der Mitgliedsstaaten in der Brexit-Frage ist man aber weit entfernt. Das wurde beim Treffen der EU-Außenminister in Bratislava, zu dem Johnson nach seinem Wien-Besuch reiste, deutlich.

Entgegenkommen

Österreich etwa will vor allem verhindern, dass andere EU-müde Mitgliedsländer wie etwa Tschechien oder die Niederlande durch allzu günstige Bedingungen für die Briten auch Lust auf den Austritt bekommen. Deutschland dagegen will den Briten so weit wie möglich entgegenkommen. Schließlich braucht man sie auch nach dem EU-Austritt als engen militärischen und Handelspartner. Deutsche Firmen sind in Großbritannien massiv verankert und fürchten Nachteile. Schon deshalb versucht Kanzlerin Merkel in den Brexit-Verhandlungen den Ton anzugeben. Brüssel, so befürchten auch österreichische Spitzendiplomaten, würde da von Berlin ausgebremst.