Kunasek auf dem Balkan: "Wir schätzen, was Österreicher tun"
Hart setzt die Herkules C-130 mit Höllenlärm in Sarajewo auf. Aus dem Cockpit steigen Verteidigungsminister Mario Kunasek und sein Generalstabschef.
Mit ihnen fliegen im Rumpf der alten Frachtmaschine eine Delegation hoher Militärs und Abgeordnete des Verteidigungsausschusses zum Truppenbesuch auf dem Balkan – ein Pflichttermin vor Weihnachten.
Doch von einem Routinebesuch kann keine Rede sein. In Bosnien-Herzegowina spielen sich Flüchtlingsdramen an der Grenze zu Kroatien ab. 5000 bis 6000 Migranten, so die offizielle Zahl, befinden sich im Land.
„Ihr Ziel ist Mitteleuropa“, weiß der Kommandant der 300 österreichischen Soldaten im Camp „Butmir“ am Rande Sarajewos. „Wir sehen, dass Waffenschmuggel zunimmt, Korruption ist ein großes Thema“. Islamisten lassen sich nieder, die Terrorgefahr steigt.
„Fundamentalistischer“
„Die Fronten haben sich verhärtet, die Rhetorik verschärft sich“, stellt Kunasek im Gespräch mit Journalisten fest. 1999 war er selbst Soldat in Bosnien, und er erinnert sich, dass „der Islam damals weltoffen war. Heute ist er viel fundamentalistischer“.
„Seit Jahren verbessert sich hier gar nichts“, klagen viele Soldaten, die schon öfter im Einsatz waren. Ihre Erklärung: Nationale Konflikte nehmen zu, die Organisierte Kriminalität greift bis in kleinste Verwaltungseinheiten durch, und viel Geld bringt manchen der Schmuggel, nicht nur von Zigaretten.
Um Konflikte zu verhindern, verteidigt der Minister sowohl die EU-geführte Mission EUFOR in Bosnien-Herzegowina als auch den NATO-Einsatz im Kosovo. An EUFOR beteiligen sich 720 Soldaten aus 19 Nationen.
Das Engagement sei „ein Stabilitätsfaktor in dieser Region“, Veränderungen müsse aber die Politik durchsetzen. „Da spielt jeder sein Spiel“, kritisiert der Freiheitliche.
Hilfe für Bevölkerung
In diesem Spannungsfeld sind die Soldaten nicht nur Friedenssicherer, sie helfen auch der Bevölkerung. Bundesheerhubschrauber werden regelmäßig zu Rettungseinsätzen gerufen.
In einer beeindruckenden Demonstration zeigen Soldaten, wie Verletzte oder Minenopfer geborgen werden können. Akrobatisch gleiten Flugretter an einem Seil aus großer Höhe auf die Erde.
Verpackt wie eine Mumie wird ein Opfer hochgezogen und in ein Spital gebracht.
Andere Soldaten führen vor, wie Minen aufgespürt und entschärft werden. 25 Prozent der Bosnier leben in Regionen, die minenverseucht sind, jährlich sterben mehrere Kinder, die beim Spielen auf eine Mine treten.
Die Soldaten beobachten auch die gewaltbereite Szene und melden Vorfälle bosnischen Stellen. „Wir schätzen sehr, was österreichische Soldaten für uns tun“, sagt eine jüngere Frau, sie lebt mit ihrer Familie in unmittelbarer Nähe des Camps.
Bäume für Soldaten
Von Sarajewo reiste Kunasek am Freitag in den Kosovo weiter, wo die jüngste Entscheidung des Parlaments, in den nächsten Jahren eine eigene Armee aufzubauen, die ganze Region in Unruhe versetzt, nicht nur Serbien.
Selbst der NATO-Generalsekretär und EU-Granden sind besorgt. „Die Entwicklung muss man kritisch beleuchten“, findet Kunasek und ruft dazu auf, alles „zu unterlassen, was die Stabilität gefährdet. Und die Armee gehört dazu.“
Tannenbäume im Gepäck
Im Gepäck hat Kunasek Tannenbäume für die Weihnachtsfeier mit 427 österreichischen Soldaten im Kosovo. Im Camp „Villagio Italia“ (es wird von Italienern geführt) lobt der Minister, wie sehr Auslandseinsätze das Image des Heeres prägen.
In kleiner Runde betont er, wie sehr es seine Arbeit „erleichtert, die Sprache der Soldaten zu verstehen“. Die Offiziere nicken. Bei der Truppe kommen solche Sätze gut an.