Kriegsende-Gedenken 1918: Macron warnt vor „alten Dämonen“
Von Danny Leder
Eine kurze Zeitspanne lang war am Sonntag in Paris eine weltpolitische Konstellation in der scheinbar zufälligen Aufstellung von Personen ablesbar. Knapp vor Beginn des feierlichen Gedenkens an das Ende des Ersten Weltkrieges vor dem Pariser Triumphbogen stand ein Trio beieinander, das man für die vereinten Gastgeber der Zeremonie halten konnte: In der Mitte Emmanuel Macron, rechts von ihm seine Frau Brigitte und links die deutsche Kanzlerin Angela Merkel. Wobei alle drei eng aneinandergereiht die nachströmenden Staats- und Regierungschef begrüßten.
Kräftemessen
Nur Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin hatten sich nicht rechtzeitig vor dem Trio eingefunden. Der US-Präsident und seine Frau Melania traten mit Verspätung auf die Bühne, verdrängten dann aber brachial den marokkanischen König, der an der Seite des franko-deutschen Alpha-Trios Platz bezogen hatte.
Texte von Weltkriegssoldaten
In dieser Abfolge spiegelte sich auch das symbolische Kräftemessen. Macron, Zeremonien- und Lehrmeister in einem, hatte das Weltkriegsgedenken als eine Art Gemeinschaftsproduktion des franko-deutschen Kernduos der EU angelegt. Und dabei Merkel neben sich in Stellung gebracht, um Trump und Putin entgegenzuwirken.
Zunächst verlasen Schüler Texte von Weltkriegssoldaten. Der in Paris geborene, chinesisch-amerikanische Cellist Yo-Yo Ma spielte aufwühlende Sonaten von Bach und Ravel, die Sängerin Angelique Kidjo aus Benin bot ein mitreißendes Lied afrikanischer Weltkriegssoldaten.
Aufruf zur Kooperation
Macron spannte in seiner Rede den Bogen vom Ersten Weltkrieg („dem Fast-Selbstmord Europas“) zu seiner Ablehnung des wiedererstarkenden Nationalismus’ („Die alten Dämonen der Vergangenheit“) und seiner vehementen Befürwortung der internationalen Zusammenarbeit: „Addieren wir unsere Hoffnungen anstelle der Gegenüberstellung unserer Ängste“, plädierte der französische Präsident. „Patriotismus“ sei ehrenwert, „Nationalismus“ aber „das genaue Gegenteil“ insofern „Verrat am Patriotismus“, so Macron mit Blick auf Trump, der erst kürzlich bekannt hatte „Ich bin ein Nationalist.“ Dann gab Macron eine weitere Breitseite auf Trump ab: „Die Gefahren der Klimaerwärmung und Armut kann man nur gemeinsam bannen.“
„Scheuklappendenken“
Um sich keinen weiteren Belehrungen auszusetzen, blieb Trump dem „Friedensforum“ fern. Dieser dreitägige Konvent wurde von Merkel und UN-Generalsekretär Guterres eröffnet. Es handelt sich um eine friedens- und sozialpolitische Initiative nach dem Vorbild des Pariser Klimagipfels 2015, dessen Beschlüsse von Trump für die USA nachträglich aufgekündigt wurden.
Merkel sagte, dass „nationales Scheuklappendenken“ das europäische Friedensprojekt“ in Frage stelle. Guterres warnte vor „Verkettungen“ wie in den 1930er-Jahren.