Kosovo und Serbien einigen sich
Fünf Jahre nach der Unabhängigkeit des Kosovo haben sich Belgrad und Pristina auf eine Vereinbarung zum Status der serbischen Volksgruppe im Nordkosovo geeinigt. Das Gebiet kann nun als Autonomieregion zur Gänze in den kosovarischen Staat integriert werden. Die Vereinbarung ist der größte Durchbruch in den bisherigen Bemühungen zur Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern, seit die frühere serbische Provinz Kosovo im Februar 2008 einseitig ihre Unabhängigkeit von Belgrad erklärt hat. Die Vertreter der serbischen Volksgruppe im Kosovo hatten sich bis zuletzt gegen einen Kompromiss gestemmt. In der Region war es auch regelmäßig zu Unruhen gekommen.
Weg in die EU frei
Der Erfolg hat auch Auswirkungen über die Region hinaus. Es wird erwartet, dass die EU-Kommission umgehend grünes Licht für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Serbien und für Gespräche mit dem Kosovo über ein Assoziierungsabkommen geben würde. Beschlossen werden müssten die Verhandlungen im EU-Außenministerrat, der sich bereits am Montag damit befassen und im Mai einen Beschluss fassen könnte, hieß es in Ratskreisen.
Der kosovarische Ministerpräsident Hashim Thaci sprach von einer „historischen Einigung“, die den beiden Völkern „eine neue Perspektive eröffnet. Das ist die beste Lösung für den Kosovo, Serbien und die EU.“ Belgrad hatte den serbisch bewohnten Nordkosovos bisher als Faustpfand im Kosovo-Konflikt zurückbehalten und dort Parallelstrukturen unterhalten. Nun soll die Region mit weitreichenden Autonomierechten in den kosovarischen Staat integriert werden.
Noch keine diplomatische Anerkennung
Der serbische Vizepremier Aleksandar Vucic sagte, dass der Text „alle serbischen Vorschläge“ enthalte. Dacic sagte, dass die beiden Seiten nun eine Frist von zwei Tagen erhalten hätten, sich abschließend zur Paraphe der beiden Ministerpräsidenten unter das von Ashton ausverhandelte Abkommen zu äußern.
Bis zuletzt waren zwei Fragen umstritten gewesen: Der Status der kosovarischen Polizeikräfte im Nordkosovo sowie die Verpflichtung beider Länder, einander auf internationaler Ebene nicht zu behindern. Serbien war um eine Lösung bemüht, die keine implizite diplomatische Anerkennung des Kosovo darstellen würde. Diese Frage harrt noch immer einer Lösung.
Jedoch könnte das Übereinkommen die bisher starre Front jener fünf EU-Länder aufweichen, die dem Kosovo in Hinblick auf Minderheiten in ihrem Land bisher die völkerrechtliche Anerkennung verweigert haben. Spanien, die Slowakei, Rumänien, Zypern und Griechenland haben den jungen Staat bisher nicht anerkannt. Am Donnerstag ließ der rumänische Ministerpräsident Victor Ponta mit der Aussage aufhorchen, dass Bukarest diese Haltung aufgeben könnte. „Ich glaube, wir sollten uns im Gleichschritt mit der europäischen Familie bewegen“, sagte er. Auch die Slowakei könnte möglicherweise zu einem Anerkennungsbeschluss gebracht werden, denn in ihrem Parlamentsbeschluss von 2008 sei dies an eine Einigung zwischen beiden Seiten geknüpft, erklärten Insider in Brüssel.
Freude allerorten
EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle würdigte die Einigung zwischen beiden Ländern in Brüssel als „historischen Tag“ für die gesamte Balkan-Region. Füle sagte am Freitag, es handle sich um „eine bahnbrechende Übereinkunft. Es ist entscheidend , dass die politische Führung und die Öffentlichkeit sowohl in Serbien als auch im Kosovo die Vereinbarung unterstützen und aktiv mithelfen, sie umzusetzen“, betonte der EU-Kommissar in einem Statement.
Erfreut zeigte sich auch Österreichs Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger in einer ersten Reaktion auf die Nachricht über die heutige Einigung zwischen Serbien und dem Kosovo über die Normalisierung ihrer Beziehungen. „Dies ist ein wahrlich historischer Schritt. Meine Hochachtung gilt den beiden Verhandlungsführern, aber auch dem unermüdlichen Einsatz von der Hohen Vertreterin Catherine Ashton. Damit ist es nun gelungen, den Grundstein für die weitere Normalisierung der Beziehungen zwischen Serbien und Kosovo zu legen. Das ist eine “Win-Win„ Entscheidung. Es gibt keine Verlierer, sondern nur Sieger, insbesondere die Menschen im Kosovo.“