Kirche kritisiert Brasiliens Präsident wegen Corona-Desinformationen
Brasiliens katholische Bischofskonferenz hat zusammen mit anderen Institutionen an die Bevölkerung appelliert, angesichts der Corona-Pandemie zu Hause zu bleiben. Die Bevölkerung möge gegenteiligen Aufrufen von Präsident Jair Bolsonaro nicht folgen, heißt es laut Kathpress in brasilianischen Medienberichten.
In dem zu Wochenbeginn veröffentlichten Aufruf wird ungewöhnlich deutlich vor der Gefahr einer Desinformation durch die Regierung gewarnt. "Die Desinformationskampagne des Präsidenten, der die Bevölkerung aufruft, auf die Straßen zu gehen, ist eine schlimme Bedrohung der Gesundheit aller Brasilianer", wird in einem offenen Brief festgehalten. Er ist unterzeichnet von der Bischofskonferenz, der Anwaltskammer, der Akademie der Wissenschaften sowie Menschenrechtsgruppen. "Das Gebot der Stunde lautet, der Pandemie mit Klarheit, Verantwortlichkeit und Solidarität zu begegnen."
Die Pressestelle der Regierung hatte Mitte vergangener Woche eine Kampagne "Brasilien darf nicht stillstehen" gestartet. Darin wird ein Ende der von Bürgermeistern und Gouverneuren verhängten Abschottung gefordert. Die wirtschaftlichen Folgen seien schlimmer als die vom Coronavirus verursachten Schäden, sagte Bolsonaro.
Der Präsident hatte sich mehrfach gegen die Maßnahmen ausgesprochen. Die Medien verbreiteten Lügen über die Gefahr des Virus und planten gemeinsam regionalen Politikern seinen Sturz, sagte er. Darauf kam es ab Donnerstag zu Autokorsos in einigen Städten, bei denen seine Anhänger das Ende der Beschränkungen forderten.
Justiz vs. Regierung
Am Freitag hatte die Justiz in Rio de Janeiro die Autokorsos verboten. Sie untersagte zudem der Regierung, die Kampagne "Brasilien darf nicht stillstehen" in Medien zu verbreiten. Bolsonaros Pressestelle löschte daraufhin das Kampagnenvideo und mehrere Posts von ihren Internetseiten.
Zudem verbot ein Bundesgericht der Zentralregierung, Maßnahmen anzuordnen, die gegen die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene Isolierung der Bevölkerung gerichtet sind. Damit wurde ein von Bolsonaro erlassenes Dekret für ungültig erklärt. Darin hatte er Kirchen und andere religiöse Versammlungsorte zu "essenziellen Einrichtungen" erklärt, die nicht geschlossen werden dürfen. Er reagierte damit auf Druck der evangelikalen Fraktion des Kongresses, die sich gegen die von Lokalregierungen durchgesetzte Schließung von Kirchen ausspricht.