Junckers Kommission hängt an einer Schamanin
Mit einer kleinen Rochade will Jean-Claude Juncker die baldige Bestellung seiner Kommission durch das EU-Parlament sichern: Violeta Bulc, die nachnominierte Kandidatin Sloweniens, soll das Verkehrsressort übernehmen. Maroš Šefčovič, der eigentlich als Verkehrskommissar vorgesehen war, soll den Job übernehmen, der Alenka Bratušek vom Parlament nicht zugetraut wurde: Als Vizepräsident der Kommission den Aufbau der Energie-Union zu überwachen.
Läuft ab jetzt alles glatt, könnte die Juncker-Kommission trotz Bratušeks Auswechslung noch plangemäß mit 1. November ihr Amt antreten: Montagabend sollen Bulc und Šefčovič ihre Hearings in den zuständigen Ausschüssen im Parlament in Straßburg absolvieren; am Mittwoch könnte dann das Plenum über die gesamte Kommission abstimmen.
Umschichtungen
Damit sein Team in der geheimen Abstimmung eine Mehrheit erhält, dürfte Juncker noch ein paar kleinere Umschichtungen in den Ressorts vornehmen: Die Bürgerrechtsfragen etwa sollen vom ungarischen Kommissar für Kultur und Bildung, Tibor Navracsics, zum griechischen Innenkommissar Dimitris Avramopoulos wandern. Bulc wiederum soll die Raumfahrt-Agenden an die tschechische Binnenmarktkommissarin Elzbieta Bienkowska abgeben.
Im Parlament hält man den straffen Zeitplan für machbar – man sei "sehr interessiert" daran, möglichst rasch eine neue Kommission im Amt zu haben, heißt es in den Fraktionen von Sozial- und Christdemokraten. Gleichzeitig will man sich aber auch nicht stressen lassen, soll heißen: Wenn die Hearings – vor allem das von Bulc – nicht gut laufen, könnte es wie bei anderen Kandidaten schriftliche Nachfragen oder eine zweite Anhörung geben. "Und wenn wir Bulc für nicht geeignet halten sollten, dann werden wir sie auch ablehnen", sagt ein einflussreicher Mandatar.
Bunter Lebenslauf
Bulc ist nicht nur für die Abgeordneten in Brüssel eine Unbekannte: Erst Mitte September wurde sie in die slowenische Regierung geholt, wo sie als ressortlose Ministerin für "strategische Entwicklung" amtiert. So sehr Bulc politisch ein unbeschriebenes Blatt ist, so bunt ist ihr Lebenslauf: Sie war Mitglied der jugoslawischen Basketball-Nationalmannschaft, hält schwarze Gürtel in Taekwondo und Hapkido. Studiert hat die heute 50-Jährige Computerwissenschaften und Informatik in Laibach, dann Informatik in San Francisco, dazu hat sie einen PMBA-Titel (Professional Master of Business Administration). Vor dem Wechsel in die Politik leitete sie ihr eigenes Beratungsunternehmen, das sich auf Business-Lösungen für Nachhaltigkeit und Innovation spezialisiert hat.
Für Skepsis sorgt Bulc’ "alternative" Seite: Laut Lebenslauf hat sie u. a. eine Schamanismus-Akademie in Schottland absolviert und in den USA einen Trainerschein für Kurse zum "persönlichen Wachstum" gelöst.
Für das Hearing im Parlament dürfte sie sich gerüstet fühlen: Im Internet schwärmt sie davon, über glühende Kohlen laufen zu können.