Hahn wird neuer Sozial-Kommissar
Johannes Hahn wechselt in seiner zweiten Amtszeit in der EU-Kommission das Ressort: Er bekommt vom designierten Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker den Bereich "Soziales" übertragen. Darauf dürften sich Hahn und Juncker bei ihrem Gespräch Mittwochnachmittag in Brüssel geeinigt haben. Das erfuhr der KURIER aus Brüsseler Quellen.
Im Konzept des luxemburgischen Christdemokraten Juncker ist Sozialpolitik ein Schlüssel-Ressort.
Österreich gilt in der EU als Vorbild für sozialen Frieden, sozialen Dialog zwischen den Interessensvertretungen und für eine – im Vergleich mit anderen EU-Staaten – niedrige Arbeitslosenquote, auch bei Jugendlichen.
Modell Jugendgarantie
Zuletzt wurde nach dem Vorbild Österreichs die Jugendgarantie EU-weit verankert. Hierzulande darf zum Beispiel kein Jugendlicher bis 24 mehr als sechs Monate arbeitslos sein. Jene, die keinen Arbeitsplatz finden, bekommen eine Weiterbildung vom Arbeitsmarktservice, wie etwa das Nachholen von Bildungsabschlüssen oder eine höhere Qualifizierung.
Johannes Hahn wird die Erfahrungen aus seiner bisherigen Arbeit als zuständiger Kommissar für regionale Entwicklung in sein neues Dossier einbringen können.
Ziel der Reform der Regionalpolitik, die Hahn durchgesetzt hatte, war ja, die Vergabe der Fördergelder an Wachstum, die Schaffung neuer Jobs, in Ausbildung und bessere Sozialstandards zu knüpfen.
Juncker hat zuletzt mehrmals betont, welchen Stellenwert er den Bereichen Wachstum, Beschäftigung und Sozialpolitik einräumt. "Das Thema Wachstum und Arbeitsplätze hat für mich höchste Priorität", sagte er kürzlich dem KURIER (Interview am 24. August). "Solange 25 Millionen Menschen in Europa ohne Arbeit sind, stecken wir noch in der Krise". Zum Arbeitsprogramm des Neuen Präsidenten gehört auch die Erreichung "sozialer Mindeststandards für grenzüberschreitend tätige Arbeitnehmer, eine gemeinsame Migrationspolitik und mehr Transparenz bei internationalen Freihandelsabkommen".
Umbau
Juncker will die EU-Kommission fundamental reformieren und die inhaltlichen Kompetenzen der Kommissare bündeln. Für Junckers Schwerpunktsetzung "Wachstum, Job, Soziales" gibt es auch Geld. Juncker will bis zum Frühjahr 2015 ein Konjunkturprogramm in Höhe von 300 Milliarden Euro auflegen.
Im EU-Haushalt sind von 2014 bis 2020 mindestens sechs Milliarden Euro für den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit eingeplant.
Jean-Claude Juncker will "seine" EU-Kommission weg von einer Bürokratie-Behörde hin zu einer echten Regierung der Union umbauen. Dafür soll die Macht in der Kommission neu verteilt werden: Unter Präsident Juncker soll es sechs bis sieben Vizepräsidenten geben. Jeder von ihnen soll für einen der Schwerpunkte in Junckers "Regierungsprogramm" zuständig sein.
Zu diesen Kernprojekten zählt neben der Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion unter anderem auch der Aufbau des "digitalen Binnenmarktes" und einer Energie-Union sowie das 300 Milliarden Euro schwere Investitionspaket, das Juncker versprochen hat.
Die Vizepräsidenten, könnten ohne eigenes Portfolio bleiben und sich rein um die Koordinierung der Kommissare kümmern: Bei der Energie-Union etwa müssen Außenpolitik, Binnenmarkt, Justiz, Klima, Steuern, Haushalt und Regionalpolitik zusammenspielen. In ihren Bereichen sollen die VPs durchgreifen können und so politisch für ihre Projekte verantwortlich sein.
Die "normalen" Kommissare sollen wie bisher ihre Dossiers haben und flexibel in den verschiedenen Gruppen ihren Teil beitragen.
Eine Vizepräsidentin ist mit der Außenbeauftragten Federica Mogherini fix. Favoriten für die anderen Posten sind die ehemaligen Regierungschefs Katainen (Finnland) und Dombrovskis (Lettland), der niederländische Außenminister Timmermans, Frankreichs Ex-Finanzminister Moscovici, die schwedische Innen-Kommissarin Malmström und die belgische EU-Abgeordnete Thyssen.
Der designierte EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker hat die vom Europaparlament zur Mindestanforderung erklärten neun Kommissarinnen für sein 28-köpfiges Führungsteam zusammen. Das bestätigte seine Sprecherin Natasha Bertaud am Donnerstag im Kurzbotschaftendienst Twitter.
Eine zahlenmäßige Gleichberechtigung der Geschlechter in der neuen Kommission wurde damit aber ebenso verfehlt wie das ursprüngliche Ziel, mehr als neun Ressorts mit weiblichen Kandidatinnen zu besetzen, wie dies schon in der aktuellen Legislaturperiode der Fall war.
Juncker führte am Donnerstag letzte Gespräche mit den Kandidaten für die Europäische Kommission, am Freitag will er sein komplettes Führungsteam vorstellen. Jeder der inzwischen 28 EU-Mitgliedstaaten wird dabei mit einem Ressort bedacht. Zwar hat sich die EU-Kommission mehr Gleichberechtigung bei der Vergabe politischer Spitzenposten auf die Fahne geschrieben, eine offizielle Mindestquote gab sie den für die Nominierung zuständigen Mitgliedstaaten aber nicht vor.
Allerdings waren Juncker zunächst sogar nur vier Kandidatinnen aus den Hauptstädten vorgeschlagen worden. Aus dem Europaparlament gab es daraufhin Drohungen, die neue Kommission abzulehnen, wenn nicht wie bisher wieder mindestens neun Frauen an Bord sind. Um die Männerrunde aufzubrechen, lockte Juncker die Regierungen dann mit einflussreicheren Ressorts, falls diese eine Frau nach Brüssel schicken sollten.