Eine Ministerin spaltet Italien
Von Marcel Ludwig
Ein weiterer, riesiger Schritt in Richtung eines zivilisierteren Italien", verlieh das italienische Fußball-Enfant-Terrible Mario Balotelli seiner Freude Ausdruck. Italiens Neo-Premierminister Enrico Letta hatte zuvor die 48-jährige Cécile Kashetu Kyenge als künftige Integrationsministerin vorgestellt. Kyenge wurde 1964 im Kongo geboren, sie ist die erste dunkelhäutige Ministerin in der Geschichte des Landes. Die Augenärztin ist Mitglied von Pierluigi Bersanis Partito Democratica und folgt dem jetzigen Premier in dessen Ressort nach.
Dass Kyenge Italiens rigides Immigrationsgesetz aus der Ära Bossi-Fini aufweichen will und die Staatsbürgerschaft für alle in Italien geborenen Kinder von Einwanderern fordert, ließ ihr bereits in den ersten Stunden ihrer Amtszeit heftigen Gegenwind entgegenwehen. Vor allem die rechtspopulistische Lega Nord kündigte einen "totalen Oppositionkurs" an.
"Kyenge ist das Symbol eines heuchlerischen, linken Gutmenschen, der die Straftat der illegalen Immigration abschaffen will und sich nur um die Rechte, nicht aber um deren Pflichten kümmert", polterte Matteo Salvini, seinerseits Lombardei-Chef der Lega Nord.
Kämpferin für Migranten-Rechte
Die Mutter zweier Töchter ist seit 30 Jahren in Italien und engagiert sich seit 2004 in der Politik.
Zunächst wurde die studierte Medizinerin vor neun Jahren für die inzwischen aufgelöste Democratici di Sinistra (die "Links-Demokraten") als "Bezirksrätin" in Modena gewählt, fünf Jahre später zog sie in den "Landtag" derselben Provinz ein.
Im Februar diesen Jahres folgte dann der Einzug ins Parlament. Seit 2010 macht sich Kyenge für das Integrations- und Antirassismusprojekt Primo Marzo stark.
Frische Gesichter
Daneben fanden sich zahllose weitere bislang unbekannte Gesichter auf dem Minister-Gruppenfoto. Etwa die radikale Frauenrechtlerin, Ex-EU-Kommissarin und ehemalige Ministerin Emma Bonino als neue Außenministerin. Ein wirklicher Neubeginn für Italiens Politik ist Lettas Amtsantritt allerdings nicht. Letta wie auch sein Vize Angelino Alfano gelten als "Kinder des alten politischen Italiens".
Bei der persönlichen Vorstellung für Präsident Giorgio Napolitano leistete sich der entmachtete Präsidialamtschef Donato Marra auch bereits den ersten Fauxpas. Als die Neo-Ministerin an der Reihe war, musste Marra seinen Nachbarn um Hilfe bitten: "Wie spricht sich Kyenge aus?" Dumm nur, dass er vergessen hatte das Mikrofon auszuschalten.