Politik/Ausland

Israelische Angriffe auf Hisbollah: Das sagt die internationale Presse

Internationale Pressekommentare befassen sich am Samstag mit den jüngsten israelischen Angriffen auf die Hisbollah und möglichen Folgen.

  • "Irish Times":

"Der israelische Angriff auf die Pager und Walkie-Talkies der Hisbollah, ihr Kommando- und Kontroll- und Kommunikationsnetz, ist zweifellos ein taktischer Coup von nicht geringer Bedeutung. (...) Jedoch stellt der Angriff, bei dem viele Zivilisten und Kinder unter den rund 40 Toten und rund 3.000 Verletzten waren (viele Hisbollah-Mitglieder arbeiten für die Wohlfahrts- und Gesundheitsabteilung der Organisation und sind keine Kämpfer), nach Ansicht des Libanon und der UNO ein Kriegsverbrechen dar. (...)

Der Konflikt zwischen Israel und dem Libanon steht weiterhin an der Schwelle zu einem umfassenden Krieg, der jetzt sogar noch wahrscheinlicher geworden ist. Viele Beobachter sagen eine Invasion der israelischen Streitkräfte zur Schaffung einer Pufferzone im Süden des Libanon voraus. Kritiker des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu vermuten, dass dies seine eigentliche Absicht ist. 

Während die wichtigen Verhandlungen über den Gazastreifen und die Geiseln, die nach allgemeiner Auffassung der Schlüssel zur Deeskalation in der Region sind, auf Messers Schneide stehen, stellt sich die Frage: Will Israel wirklich Frieden?"

  • "El País" (Madrid):

"Der Nahe Osten steht am Rande eines regionalen Krieges, was zum großen Teil an den Entscheidungen von Benjamin Netanyahu liegt. Die Explosionen der Pager und Funkgeräte der Hisbollah waren ein wahlloser Angriff, der (...) einen Verstoß gegen das Völkerrecht darstellt und offenbar keinen anderen Zweck hatte, als einen totalen Konflikt im Libanon auszulösen.

Diese Dynamik nahm ihren Anfang mit der Reaktion auf den brutalen Hamas-Terroranschlag vom 7. Oktober. Seitdem hat der israelische Premierminister einen Weg eingeschlagen, der nichts mit Verhältnismäßigkeit und einem Mindestmaß an Menschlichkeit gegenüber der Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu tun hat. Der Likud-Führer hat den Krieg nicht nur als Rettungsanker für seine komplizierte innenpolitische Situation gesehen, sondern auch als Strategie zur Festigung des von den UNO gerügten Expansionismus, deren Vollversammlung am Mittwoch mit großer Mehrheit (...) eine Resolution verabschiedete, die ein Ende der 'illegalen' Besatzung der Palästinensergebiete fordert. (...)

Fast ein Jahr, nachdem er den militärischen Schwerpunkt der Zerstörung auf den Gazastreifen gelegt hat, scheint Netanyahu nun das Feuer des Krieges im Libanon schüren zu wollen. Als ob seine politische Zukunft (...) davon abhinge, dass er den externen Konflikt aufrechterhält, um sich die Duldung seiner Mitbürger im Namen einer Sicherheit zu erkaufen, die er immer wieder aufs Spiel setzt."

  • "Neue Zürcher Zeitung":

"Die Geschichte hat gezeigt, dass es im südlichen Libanon wenig zu gewinnen und viel zu verlieren gibt - und heute ist die Hisbollah deutlich stärker als im Krieg von 2006, der keinen Sieger hervorbrachte. Heute könnte die Miliz während Wochen jeden Tag Tausende von Raketen auf Israel feuern, die Flugabwehr überlasten und für verheerende Schäden und Tausende zivile Opfer im jüdischen Staat sorgen. (...)

Darüber hinaus ist offen, ob Israel einen Doppelkrieg gegen die Hamas im Süden und die Hisbollah im Norden zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt bewältigen könnte. Was die Armee in den vergangenen Jahren in die Luftwaffe und in die Flugabwehr investiert hat, wurde bei den Bodentruppen eingespart. Die seit bald einem Jahr im Gazastreifen kämpfenden Reservisten sind erschöpft, die Munitionsvorräte schwinden, und der Reparaturbedarf ist hoch. 

Israels Dilemma wird zusätzlich dadurch verstärkt, dass es noch keinen Ausweg aus der Hölle von Gaza gefunden hat. Verlegt die Armee nun das Schwergewicht ihrer Kräfte in den Norden, rücken der Sieg über die Hamas und die Befreiung der Geiseln in noch weitere Ferne."