Politik/Ausland

Friedensanlauf mit hohen Hürden

Die gute Nachricht lautet: Nach drei Jahren absoluter Funkstille und dem gegenseitigen Austausch verbaler und diplomatischer Rempeleien wollen Israelis und Palästinenser den Verhandlungsfaden wieder aufnehmen und den sogenannten Friedensprozess neu starten. Die erste Runde soll schon kommende Woche in Washington über die Bühne gehen. Zu verdanken ist das dem Geschick von US-Außenminister John Kerry, der die zwei Rivalen förmlich an den Verhandlungstisch zwang, um zu einer Zwei-Staaten-Lösung zu kommen.

Doch dort ist der Spielraum auf beiden Seiten wegen des jeweiligen innenpolitischen Drucks nicht sehr groß: Palästinenser-Präsident Abbas hatte als Vorbedingung für neue Verhandlungen einen sofortigen Stopp der Baus jüdischer Siedlungen im Westjordanland verlangt und die Grenzen von 1967 (Israel besetzte den Gazastreifen und das Westjordanland) als Basis für einen künftigen Palästinenserstaates. Beides brachte er nicht durch. Erkauft wurde sein Einlenken offenbar mit der Zusage Israels, demnächst hochrangige palästinensische Häftlinge zu entlassen, die teilweise seit mehr als 20 Jahren einsitzen. Die Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert und Abbas das Recht abspricht, in Namen der Palästinenser zu verhandeln, lehnt die jüngste Kerry-Initiative rundweg ab.

Israel vor Zerreißprobe

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Der israelische Premier Netanyahu wiederum riskiert bei zu weit reichenden Zugeständnisse den Zerfall seiner Koalition – so hatte Wirtschaftsminister Naftali Bennett von der rechten Siedlerpartei bereits die Parole ausgegeben: „Die Zwei-Staaten-Lösung ist tot. Wir müssen bauen, bauen, bauen.“ Insofern werden die Verhandlungen für die Delegationsleiter Tzipi Livni, Israels Justizministerin, und Saeb Erekat von Anfang an zu einer Gratwanderung.

Dies um so mehr, als irgendwann in den auf neun Monate anberaumten Marathon die richtig schweren Brocken angegriffen werden müssen, die seit Jahr und Tag dieselben – und ungelöst sind: Die Grenzen des Palästinenserstaates (Israel wird Siedlungen aufgeben müssen, die Palästinenser werden nicht das gesamte Westjordanland erhalten); der Status von Jerusalem mit den heiligen Stätten der Juden, Muslime, Christen (beide Seiten beanspruchen Jerusalem als ihre Hauptstadt); die Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge nach dem Krieg 1948/49 (fünf Millionen leben in den Nachbarländern, alle können sicher nicht zurück, aber einer symbolischen Zahl wird sich Israel nicht verweigern können).