Politik/Ausland

Ausschluss Rafsanjanis macht Wahlen zum Schaulaufen

Ein erfahrener Pragmatiker. Nur er kann den Atomstreit und die Wirtschaftskrise lösen.“ Hoffnungen auf einen Präsidenten Hashemi Rafsanjani, wie sie ein einflussreicher iranischer Geschäftsmann noch vor gerade einmal zwei Wochen dem KURIER-Reporter in Teheran anvertraute. Doch damit ist es nun vorbei. Nach dem offiziellen Ausschluss Hashemi Rafsanjanis von den Präsidentschaftswahlen werden am 14. Juni nur noch enge Vertraute des religiösen Führers Ali Khamenei den Sieg unter sich ausmachen. Von den acht Kandidaten, die der Wächterrat – er gilt als Machtinstrument Khameneis – nun zu den Wahlen zugelassen hat, ist nur einer aus dem Lager der gemäßigten Reformer, mit mehr als geringen Chancen. Rafsanjani, so ließ sein Sprecher ausrichten, werde den Ausschluss nicht anfechten. Sehr wohl vor Gericht geht dagegen der zweite gewichtige Kandidat, dem die Teilnahme untersagt wurde: Rahim Maschaei, ein enger Vertrauter des scheidenden Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad.

Sorge Wahlbeteiligung

Die religiöse Führung, die sich so wieder einmal aller kritischen Stimmen entledigt hat, hat jetzt nur noch einen Widersacher: Die wachsende politische Apathie in der Bevölkerung. „Gefälscht, genauso wie die letzten Wahlen“, das ist die Einschätzung der Wahlen, die man auf den Straßen der Großstädte oft zu hören bekommt. Nach der Niederschlagung der Proteste in Folge der offensichtlich gefälschten Wiederwahl von Präsident Ahmadinejad 2009 hatten vor allem junge Iraner jede Hoffnung, Reformen auf demokratischem Weg erreichen zu können, verloren.

Die Parlamentswahlen 2012 wurden von ihnen weitgehend ignoriert. Die von unabhängigen Beobachtern erfasste Wahlbeteiligung von etwa 30 Prozent, wurde offiziell mit mehr als 60 Prozent angegeben. Den deutlichsten Hinweis, wie massiv hinter den Kulissen manipuliert worden war, lieferte damals der Wahlkampfleiter selbst. Er gab die Beteiligung live im Fernsehen mit knapp über 30 Prozent an, nur um diese beim nächsten Auftritt vor der Kamera auf das Doppelte zu korrigieren.

Zu den enttäuschten Reformern gesellt sich nach dem Ausschluss Rafsanjanis auch die iranische Geschäftswelt. Nach Jahren der wirtschaftlichen Dauerkrise, verschärft durch die internationalen Sanktionen, hatten sie auf den erfahrenen Unternehmer und Multimillionär Rafsanjani gesetzt. Schließlich hatte der schon während seiner ersten Präsidentschaft zwischen 1989 und 1997 auf entspannte politische Beziehungen zum Westen und zu den USA gesetzt.

Dort reagiert man auf Rafsanjanis Ausschluss mit offener Kritik. Die zur Wahl stehenden Kandidaten würden „wahrscheinlich nicht den Willen des iranischen Volkes widerspiegeln“, erklärte das Außenministerium. Im Iran selbst verstärkt die Entscheidung die Frustration vieler nur noch weiter. „Schon die letzten Wahlen haben nur eines bewiesen“, meint ein Student zur britischen Zeitung The Guardian: „Dass wir ohnehin nicht zählen.“

Als bewusste Provokation muss man die jüngste Aktion des Mullah-Regimes verstehen. Die Präsidentschaftswahl, bei der nun fast ausschließlich Handlanger des religiösen Führers Ali Khamenei zur Wahl stehen, ist damit offiziell zur Farce degradiert und mit ihr die immer schon teilentmündigte iranische Demokratie. Das Regime stellt sich nicht nur gegen die Reformer, mit denen man es sich schon unter Ahmadinejad verscherzt hat, sondern auch gegen die Geschäftswelt, die auf Rafsanjani als überfälligen Problemlöser in der eskalierenden Krise gesetzt hatte. Beide Gruppen wird man von jetzt an mit brutaler Unterdrückung unter Kontrolle halten müssen. Ein Va-Banque-Spiel, das mit dem eigenen Untergang enden könnte.