Politik/Ausland

"Die Türkei wollte uns immer assimilieren"

Er gehört seit Jahren zu den zentralen Figuren der Kurden-Bewegung in der Türkei und der Kurden-Partei BDP. Seit den Kommunalwahlen im März ist Ahmet Türk Bürgermeister der Stadt Mardin im Südosten des Landes, 40 km von der syrischen Grenze entfernt. Mit Journalisten sprach der 71-Jährige über......

die Situation in Syrien und dem Irak (nach der Offensive der ISIS, einer Islamisten-Truppe, die in Syrien gegen die dortigen Kurden und im Irak gegen die Schiiten-Regierung kämpft)

Sie hätten Mossul nicht einnehmen können ohne Unterstützung von außen. Ein Helfer dabei ist die Türkei. Sie hat beispielsweise alle verletzten islamistischen Kämpfer sofort die Grenze passieren lassen, während das nicht einmal Zivilisten durften.

... die Auswirkungen des Chaos auf die türkischen Kurden

Wir Kurden wurden immer schon geteilt, und unsere Rechte wurden beschnitten. Aber wir kennen die Situation im Mittleren Osten sehr gut. Wir wollen in Frieden zusammenleben. Doch die Türkei wollte uns immer assimilieren, sie hat uns nie als Volk akzeptiert.

... die Ziele der Kurden

Wir wollen in der Türkei als Kurden zusammenleben und mit den Türken in Eintracht.

... den Friedensprozess mit Ankara

Anfangs hatte die Bevölkerung Hoffnung in die Regierung gesetzt, doch jetzt haben die Menschen diese verloren.

... Abdullah Öcalan, den inhaftierten Anführer der Kurden-Guerilla PKK

Obwohl die Spannungen in der Region derzeit sehr hoch sind, kam von ihm jüngst die Botschaft, dass der Friedensprozess weitergeht. Faktum ist: Öcalan vertrauen die Menschen. Ohne seine Freilassung wird es keinen nachhaltigen Frieden geben.

... sein Bürgermeisteramt

Wir versuchen hier demokratische Strukturen zu entfalten, für alle, Araber, Türken, Kurden. Mardin ist ein strategisch wichtiger Platz in Kurdistan. Deswegen macht Ankara alles, um uns zu schwächen. Ein Beispiel: Der Stadt wurden die Kompetenzen für die Verwaltung auch der umliegenden Gebiete übertragen, die bisher die Zentralregierung wahrgenommen hatte. Dafür ist auch die Übertragung von 2168 speziellen Administrationsgebäuden bzw. -flächen vorgesehen. Bisher wurde nur der Friedhof übergeben.

Die Dschihadisten im Irak haben nach Angaben der US-Regierung die einstige Chemiewaffenfabrik besetzt, in der der frühere Machthaber Saddam Hussein Giftgase herstellen ließ. Die Islamistengruppe Islamischer Staat im Irak und in Großsyrien (ISIS) habe den Komplex Al-Muthanna besetzt, erklärte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Jen Psaki, am Donnerstag in Washington. Die ISIS werde aber nicht in der Lage sein, dort Chemiewaffen zu produzieren, sagte Psaki. Das Material sei veraltet.

Psaki erklärte, Washington sei bei jeder Einnahme militärischer Anlagen durch ISIS besorgt. Jedoch gingen die USA nicht davon aus, dass die Anlage militärisch relevantes Material für chemische Waffen beherberge. "Und es wäre sehr schwierig, wenn nicht unmöglich, das Material sicher wegzubewegen."

Obama für "präzise militärische Schritte"

US-Präsident Barack Obama erklärte Donnerstag Abend, er sei bereit, im Irak mit "gezielten und präzisen militärischen Schritten" einzugreifen. Bis zu 300 Militärberater könnten zur Unterstützung der irakischen Streitkräfte ins Land geschickt werden. Zugleich stellte er klar: "US- Kampftruppen werden nicht erneut im Irak kämpfen." (Mehr dazu hier).

Kein UN-Mandat für US-Einsatz nötig

Unterddessen hat sich auch UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon zu Wort gemeldet. Für einen militärischen Einsatz der USA gegen die Terrorgruppe ISIS im Irak wäre kein Mandat des Weltsicherheitsrates erforderlich, erklärt Ban Ki-moon am Freitag in der Neuen Zürcher Zeitung.

"Die USA werden darüber entscheiden müssen, ob sie mit Bodentruppen oder andern militärischen Mitteln in den Konflikt eingreifen und ein solches Vorgehen mit der Regionalmacht Iran absprechen wollen", erklärte Ban. Sollte der Irak die beiden Länder darum bitten, "braucht es dazu sicherlich keinen Beschluss des UNO-Sicherheitsrates", fügte er hinzu.

Iraks Nachbarn soll helfen

Zugleich forderte der UNO-Generalsekretär Iraks Nachbarn auf, die Regierung in Bagdad im Kampf gegen den Terrorismus zu unterstützen. Die Lage im Irak verschlechtere sich täglich, während die ISIS immer weiter vorrücke. "Die Krise ist sehr ernst."

Irak bereitet Gegenangriff vor

Im Irak sammeln sich Regierungstruppen nördlich von Bagdad, um radikalislamische ISIS-Kämpfer aufzuhalten. Ein enger Mitarbeiter des Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki sagte am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters, die Regierung bereite einen Gegenschlag vor, nachdem es gelungen sei, die Kämpfer der Gruppe Islamischer Staat im Irak und in Groß-Syrien (ISIS) zu stoppen.

50.000 Soldaten zusammengezogen

Die Front verläuft derzeit in der Region um die Stadt Samara rund 100 Kilometer nördlich von Bagdad. Im irakischen Fernsehen forderte der Provinz-Gouverneur Abdulla al-Jiburi von den Truppen, die Provinzhauptstadt Tikrit zurückzuerobern. Nach seinen Worten hat die Regierung im Raum Samara rund 50.000 Soldaten zusammengezogen.

Unklar war auch am Freitag die Lage in der Raffinerie Baiji. Offenbar konnten sich Teile der Regierungstruppen in der ausgedehnten Anlage halten, die seit Tagen von ISIS-Kämpfern angegriffen wird.

Im schiitischen Süden des Landes haben sich mittlerweile viele Freiwillige zu den Waffen gemeldet, um die ISIS-Kämpfer zu stoppen. Diese sehen in den Schiiten Irrgläubige und haben angekündigt, deren Heiligtümer zu zerstören.