Politik/Ausland

Indische Kraftwerke haben nur noch Kohle für fünf Tage

135 Kohlekraftwerke gibt es in Indien, eines pro 10 Millionen Einwohner. Mehr als 80 Prozent davon hatten am Mittwoch nur mehr Kohlevorräte für fünf Tage – oder weniger. Laut staatlichen Richtlinien sollten es mindestens 14 Tage sein, damit die Stromversorgung sichergestellt ist.

14 Stunden ohne Strom

70 Prozent des indischen Energiebedarfs wird durch die Verbrennung von Kohle gedeckt. Füllten sich die Lager der Kraftwerke nicht bald, drohten unter anderem in Delhi Blackouts, schlug der Regierungschef der Hauptstadtregion mit rund 17 Millionen Einwohnern bereits am Wochenende Alarm.

In Bundesstaaten wie Rajasthan, Jharkhand und Bihar gab es erste Stromabschaltungen von bis zu 14 Stunden am Tag, in Maharashtra mussten 13, in Punjab 3 Kohlekraftwerke heruntergefahren werden. Proteste sind die Folge.

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Energiehunger in Asien

Die Kohle-Krise, die Indien seit Wochen im Griff hat, hat mit dem weltweiten Wirtschaftsaufschwung nach dem Abflauen der Corona-Pandemie zu tun. Dieser war in Indien – wie auch in China und anderen asiatischen Ländern – besonders deutlich. Im August wurde auf dem Subkontinent rund 20 Prozent mehr Energie verbraucht als im August 2019.

Das sei nicht vorhersehbar gewesen, heißt es vonseiten der Kraftwerkbetreiber; man habe mit einer neuerlichen Covid-Welle im Herbst gerechnet und die Vorräte nicht ausreichend aufgestockt, sagen manche Experten. Zudem hinke Indien bei der Etablierung erneuerbarer Energien hinterher.

Indien ist nach China zwar der zweitgrößte Kohle-Förderer der Welt, für Kraftwerke und Industrie muss der Rohstoff dennoch importiert werden. Kritisch ist es jährlich zur Monsunzeit, wenn heftige Regenfälle die Arbeit in Kohleminen und die Transportwege beeinträchtigen.

Anders als sonst konnten die Ausfälle heuer nicht durch Importe kompensiert werden. Kohle war durch den massiven Preisanstieg infolge der global gestiegenen Nachfrage durch den Wirtschaftsaufschwung für Indiens Kraftwerksbetreiber nahezu unleistbar geworden. China dagegen kann die hohen Preise zahlen.

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Kritiker der indischen Regierung fürchten nun, dass Premier Narendra Modi die Kohle-Krise dazu benutzen wird, seine Pläne zum Ausbau der Kohlekraft trotz aller Klimaschutz-Beteuerungen voranzutreiben.

Modi will die 193 existierenden Kohleminen ausbauen und in ganz Indien 55 neue eröffnen – der Großteil davon in Wäldern, die von indigenen Gruppen bewohnt werden.