Politik/Ausland

Hillary Clintons immergleicher Fehler

So viel Naivität hätte man keinem politischen Neuling zugetraut. Für eine ehemalige First Lady und US-Außenministerin mit drei Jahrzehnten Erfahrung schien sie schlicht absurd. "Ich hatte keine Ahnung, dass das so eine Riesensache ist mit meiner Krankheit", erklärte Hillary Clinton telefonisch dem Nachrichtensender CNN am Tag nach ihrem Zusammenbruch in New York, der seither US-Medien rund um die Uhr dominiert.

Dabei war schon der erste Versuch, die Sache kleinzureden, in die Hosen gegangen. Eine Stunde, nachdem sie vor ihrem Auto – und vor laufender Kamera – in die Knie gegangen war, trat Clinton auf die Straße, lächelte, winkte und erklärte, dass es ihr großartig gehe. Kurz darauf war die Lungenentzündung schon aktenkundig und die ersten Wahlkampf-Termine wurden abgesagt.

Tarnen und täuschen

Ein taktischer Fehler, der gerade in den traditionell perfekt bis ins Detail inszenierten US-Wahlkämpfen keinem Team passieren dürfte, schon gar nicht dem eines Routiniers wie Clinton.

Doch diese Panne ist kein Einzelfall, sie folgt wie alle Ausrutscher Hillarys dem immer gleichen Schema. Auf einen Fehler, der oft auf den ersten Blick gar nicht so dramatisch erscheint, folgt hartnäckiges Leugnen und Vertuschen. Gut unter Verschluss gehalten, wächst jedes Skandälchen zu einer Riesenaffäre heran. Wenn das alles nicht mehr unter der Decke zu halten ist, ist der politische Flurschaden beachtlich.

Jüngster Beispiel: die eMail-Affäre. Clinton hatte bis zuletzt die Tatsache kleingeredet, dass sie als Außenministerin berufliche Post über ihr privates Konto laufen ließ. Staatsgeheimnisse – und in der US-Politik ist fast alles ein Staatsgeheimnis – seien nie gefährdet gewesen. Inzwischen ist nicht nur klar, dass diese natürlich gefährdet waren. Die FBI-Ermittler sind beim Stöbern in Hillarys eMails auch auf jede Menge heikler Verstrickungen zwischen ihrem politischen Amt und der privaten Stiftung der Clintons gestoßen. Dass Hillary ihre Konten immer nur auf Drängen der Ermittler freigab, sichert der Sache Aufmerksamkeit bis zur Präsidentschaftswahl.

Unseliges Erbe

Es ist die bisher letzte Episode in der endlosen Geschichte der Clintons mit der Justiz. So lang wie sie – US-Medien haben es penibel ausgerechnet – sei noch keine US-Präsidentenfamilie Gegenstand polizeilicher Ermittlungen gewesen. Den Anfang machte schon kurz nach dem Amtsantritt ihres Mannes Bill Clinton die sogenannte Whitewater-Affäre, ein Skandal rund um dubiose Immobiliengeschäfte. Zuletzt erwiesen sich alle Anschuldigungen gegen die Clintons als haltlos. Doch auch hier sicherte die Vertuschungs-Taktik nicht enden wollendes Getöse in den Medien.

Mit dem Antritt von Chefermittler Kenneth Star sollten Untersuchungen beginnen, die acht Jahre lang, bis zum Abgang Bill Clintons aus dem Weißen Haus, andauerten. Dass auch diese zuletzt die Clintons weder politisch noch juristisch zu Fall brachten, ändert nichts daran, dass sie ihren Ruf nachhaltig ruinierten. Der Vorwurf der Unehrlichkeit verfolgt Hillary bis heute – und er hat gerade viel neue Nahrung bekommen.