Britisches Parlament stimmt für Gesetz zu Ruanda-Abschiebungen
Im Streit um den britischen Asylpakt mit Ruanda ist Premierminister Rishi Sunak am Dienstagabend einer empfindlichen Niederlage im Parlament entgangen. Die Abgeordneten stimmten in zweiter Lesung mehrheitlich für einen eilig eingebrachten Gesetzentwurf der Regierung, durch den der vom obersten Gericht für rechtswidrig erklärte Asylpakt mit Ruanda gerettet werden soll.
Zuvor hatte es große Zweifel daran gegeben, ob Sunak die erforderliche Mehrheit hinter sich bringen kann. Sowohl der rechte als auch der moderate Flügel seiner Tories hatten große Vorbehalte gegen das Gesetzesvorhaben. Die Regierung konnte jedoch in letzter Minute erzkonservative Abgeordnete durch die Aussicht auf Zugeständnisse davon überzeugen, zumindest nicht gegen den Entwurf zu stimmen.
Für den Gesetzentwurf stimmten schließlich 313 Abgeordnete, dagegen 269. Es wäre sonst Berichten zufolge das erste Mal seit 1986 gewesen, dass ein Gesetzentwurf bereits in zweiter Lesung scheitert - Sunak hätte womöglich vor dem politischen Aus gestanden. Mit der gewonnen Abstimmung dürfte der Streit aber nicht beigelegt sein. Der Premier hat sich nur Zeit erkauft.
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Laut Supreme Court rechtswidrig
Um Migranten abzuschrecken, will London irregulär eingereiste Ankömmlinge künftig ohne Prüfung ihres Asylantrags und ungeachtet ihrer Herkunft nach Ruanda schicken. Sie sollen stattdessen dort um Schutz ansuchen - eine Rückkehr nach Großbritannien ist nicht vorgesehen. Der britische Supreme Court hatte jedoch Bedenken wegen des ruandischen Asylverfahrens geltend gemacht und den Plan Mitte November für rechtswidrig erklärt.
Um diese Sorgen auszuräumen, will die Regierung in London nun Ruanda per Gesetz zum sicheren Drittland erklären und gleichzeitig den Rechtsweg in Großbritannien unter Berufung auf Menschenrechte ausschließen. Kritiker, auch aus seiner eigenen Partei, warfen ihm vor, damit Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit außer Kraft zu setzen. Anderen ging der Vorstoß nicht weit genug. Sie forderten, auch den Gang vor internationale Gerichte per Gesetz auszuschließen. Mehrere erzkonservative Gruppen innerhalb der Tory-Fraktion kündigten kurz vor der Abstimmung an, sich zu enthalten. Sie drohten jedoch damit, den Gesetzentwurf in dritter Lesung im neuen Jahr scheitern zu lassen. Die Auseinandersetzungen erinnerten an die chaotische Brexit-Zeit, als die damalige Premierministerin Theresa May mehrfach mit ihrem Brexit-Deal im Unterhaus scheiterte.
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Sunak bereits im Wahlkampf
Sunak, dessen Tory-Partei in Umfragen weit hinter der oppositionellen Labour-Partei liegt, hat es zum zentralen Anliegen gemacht, die irreguläre Einreise von Migranten in kleinen Booten über den Ärmelkanal zu beenden. Allein 2022 gelangten etwa 45.000 Menschen auf diesem Weg nach Großbritannien. In diesem Jahr liegt die Zahl bisher um ein Drittel niedriger als im Vorjahr. Trotzdem gilt das Versprechen nicht als eingelöst.
Für den britischen Premier geht es bereits um Wahlkampf: Bis Jänner 2025 muss ein neues Parlament gewählt werden, Kommentatoren rechnen mit einer Abstimmung spätestens im Herbst 2024. Im harten Vorgehen gegen irreguläre Einwanderer sehen die Tories noch eine Chance, Brexit-Unterstützer aus der Arbeiterschicht bei der Stange zu halten.
Experten wie der Politologe Matthew Flinders von der Universität Sheffield sprechen von Symbolpolitik bei hohen Kosten. Bisher sind bereits 240 Millionen Pfund an Ruanda geflossen, weitere 50 Millionen sollen im kommenden Jahr gezahlt werden - bisher konnte aber kein einziger Migrant dorthin abgegeben werden.