Griechenland: "Belege werden einem aufgedrängt"
Von Christine Klafl
Sommerurlaub auf einer kleinen griechischen Insel. Im Supermarkt gibt es keine Kasse, die Rechnung wird per Hand geschrieben. Die bezahlte Mehrwertsteuer wird wohl nicht nach Athen weitergereicht werden. In den Restaurants gibt es sowieso keine Rechnungen, vom Vermieter der Unterkunft auch nicht. Für die Finanz blieben die betreffenden Unternehmer so gut wie unsichtbar.
Ist Steuerhinterziehung oder -betrug noch immer ein griechischer Volkssport? "Das hat sich sehr verändert, das hat sich sehr verbessert", sagt Gerd Dückelmann-Dublany, Österreichs Wirtschaftsdelegierter in Athen. "Jetzt werden einem Belege regelrecht aufgedrängt, auch in Taxis", erzählt er. Bei größeren Beträgen werde es, ähnlich wie in Italien, überhaupt immer schwieriger, mit Bargeld zu zahlen.
Neue Ehrlichkeit
Dückelmann-Dublany führt die neue Ehrlichkeit vor allem darauf zurück, dass jetzt viel öfter und besser kontrolliert wird. "Da ist Griechenland sicher auf einem guten Weg." Beim Aufbau schlagkräftigerer Steuerbehörden haben auch österreichische Finanz-Experten mitgeholfen. Davon profitieren auch heimische Unternehmen, die in Griechenland Geschäfte machen. "Es ist viel leichter geworden, an die Mehrwertsteuer-Rückvergütung zu kommen." Vor allem bei neuen Fällen gehe es relativ rasch.
Durchwegs rosig ist die griechische Steuerwelt allerdings nicht. Bei den Steuereinnahmen lag Griechenland im Vorjahr um 1,3 Milliarden Euro unter Plan. Fast die Hälfte dieses Lochs entstand im Dezember. Diese Tendenz dürfte sich im Jänner fortgesetzt haben. Der Hintergrund: Viele Griechen haben einfach aufgehört, Steuern zu zahlen. Sie bauten darauf, dass das Wahlversprechen von Alexis Tsipras, den Steuerfreibetrag von 5000 auf 12.000 Euro pro Jahr anzuheben, tatsächlich umgesetzt wird.
Angst vor Drachme
Rund um die Wahl machte sich in Griechenland allerdings auch die Angst breit, dass unter einer neuen Regierung die Drachme zurückkehren könnte. Im Vergleich zu anderen Währungen würde die Drachme drastisch an Wert verlieren und die Preise von importierten Waren sprunghaft ansteigen, lautete die Befürchtung. Um sich davor zu schützen, plünderten die Griechen ihre ohnehin nicht mehr fetten Bankkonten. "Das hab’ ich selbst gesehen, da gab es lange Schlangen vor den Banken", erzählt Dückelmann-Dublany. Acht Milliarden Euro sollen abgehoben worden sein, mittlerweile ist schon von zwölf Milliarden die Rede. Die seien aber sicher nicht ins Ausland verschoben worden, sondern würden für den Drachme-Notfall zu Hause gebunkert, ist der Wirtschaftsdelegierte überzeugt.