Die Punkte der Abschiebevereinbarung zwischen der EU und Afghanistan
Rund 200.000 Menschen aus Afghanistan sind im vergangenen Jahr nach Europa geflohen. Etwa die Hälfte von ihnen kann auf Asyl hoffen, Zehntausende müssen zurück in ihre Heimat. Die EU hat am Sonntag mit der Regierung in Kabul ein Abkommen geschlossen, das freiwillige Rückkehr und Abschiebungen beschleunigen soll. Die wesentlichen Punkte der nun veröffentlichten Vereinbarung:
Ziel
Beide Seiten wollen "irreguläre Einwanderung verhindern und irreguläre Einwanderer zurückbringen", die kein Anrecht auf Schutz in der EU haben. Ziel ist ein "schneller, wirksamer und handhabbarer Prozess für eine reibungslose, würdevolle und geordnete Rückkehr afghanischer Staatsbürger" und deren Wiedereingliederung.
Zehntausende mögliche Rückkehrer
Entgegen Medienberichten wird keine Zahl von Menschen genannt, die zurückgebracht werden sollen. Die britische Zeitung "The Guardian" hatte von 80.000 Flüchtlingen gesprochen. Die Zahl bezieht sich auf ein Arbeitsdokument der Kommission vom März und ist eine Schätzung der 2015 eingetroffenen Menschen aus Afghanistan, die kein Asyl in der EU bekommen können. Mit den 2016 und vor 2015 eingetroffenen Afghanen könnte die Rückkehrerzahl sogar deutlich über 80.000 liegen.
Keine Bindung der Rücknahme an Entwicklungshilfe
In der Vereinbarung heißt es, dass die Rückkehr- und Wiedereingliederungsprogramme der EU "losgelöst und unabhängig von der Afghanistan gewährten Entwicklungshilfe" sind. Denn diese solle gerade Fluchtursachen wie Arbeitslosigkeit bekämpfen. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini bekräftigte am Mittwoch bei der internationalen Geberkonferenz für Afghanistan, es gebe "keine Verbindung" zwischen beiden Fragen.
Abschiebeprüfung
Die EU sichert zu, dass Abschiebungen nur erfolgen, wenn Asylverfahren und Rechtsweg ausgeschöpft sind. Eine besondere Prüfung unter "humanitären Gesichtspunkten" soll es bei alleinstehenden Frauen, alten und schwerkranken Menschen geben. Unbegleitete Minderjährige dürften nur zurückgebracht werden, wenn ihre Familien in der Heimat identifiziert und ihre Versorgung sichergestellt ist.
Reisedokumente
Viele Flüchtlinge haben keine gültigen Reisedokumente, ohne die sie nicht in ihre Heimat zurückgebracht werden können. Die afghanische Regierung verpflichtet sich nun, Pässe oder sonstige Reisedokumente binnen vier Wochen auszustellen. Andernfalls kann ein EU-Ersatzdokument genutzt werden. Menschen, bei denen sich nach der Abschiebung herausstellt, dass sie keine afghanischen Staatsbürger sind, müssen durch den betroffenen EU-Staat zurückgenommen werden.
Abschiebeflüge
Die Rückführung kann mit "planmäßigen oder außerplanmäßigen Flügen" nach Kabul oder an andere vereinbarte afghanische Flughäfen erfolgen. Geprüft wird ein eigenes Terminal für Rückkehrer am Airport der afghanischen Hauptstadt. In den ersten sechs Monaten sollen pro Flug maximal 50 Afghanen zwangsweise abgeschoben werden. Alle Reisekosten "bis zum Endziel in Afghanistan" trägt die EU.
Wiedereingliederungshilfe
Um den Neustart in der Heimat zu erleichtern, entwickelt und finanziert die EU entsprechende Programme. Ein Teil soll dabei in Zusammenarbeit mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) organisiert werden. Die afghanische Regierung bekommt zudem Geld für Aus- und Fortbildung der Rückkehrer und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Konkrete Zahlen werden nicht genannt.
Abschreckung
Die EU und Afghanistan wollen auch verhindern, dass sich neue Flüchtlinge auf den Weg nach Europa machen oder Rückkehrer dies erneut versuchen. Die afghanische Regierung sagt deshalb Informationskampagnen zu, "um die Bevölkerung für die Gefahren irregulärer Migration zu sensibilisieren". Die EU wird die Kampagnen mitfinanzieren. Sie unterstützt Kabul auch beim Vorgehen gegen Schlepper, etwa durch Hilfe bei Ausbildung der Sicherheitskräfte.