Politik/Ausland

"Absolut inakzeptabel": Kreml erbost über US-Sanktionen

Der Kreml hat erbost auf die neuen US-Sanktionen gegen Russland reagiert. Die Verbindung der neuen Strafmaßnahmen mit der Vergiftung des ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal im britischen Salisbury im März sei "absolut inakzeptabel", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag.

Washington hatte wegen des Giftanschlags auf Skripal und dessen Tochter in Großbritannien am Mittwoch weitere Sanktionen gegen Moskau angekündigt. Die russische Börse und der Rubel brachen daraufhin am Donnerstag ein. Die Strafmaßnahmen sollen in etwa zwei Wochen in Kraft treten und zielen auf Exporte bestimmter Technologien ab. Wie ein führender Vertreter aus dem US-Außenministerium vor Journalisten erklärte, sind davon Elektronik, Laser, Sensoren und spezielle Öl- und Gastechnologie betroffen. Es handle sich um Technologien, die von "Bedeutung für die nationale Sicherheit" der USA seien und beim Export der Zustimmung der US-Regierung bedürften. Dem US-Beamten zufolge könnten die Sanktionen die russische Wirtschaft "hunderte Millionen Dollar" kosten.

Nach Angaben einer Sprecherin des russischen Außenministeriums bereitet Russland bereits Gegenmaßnahmen vor. Sie sprach von einem "neuen unfreundschaftlichen Vorgehen Washingtons" und warf den USA vor, "absichtlich den Weg der Konfrontation" gewählt zu haben.

"Absolut inakzeptabel"

Russland empfinde "die Verbindung neuer Strafmaßnahmen, die wir nach wie vor für illegal halten, mit dem Fall Skripal als absolut inakzeptabel", sagte Kremlsprecher Peskow. Er bestritt erneut "jegliche Verwicklung" Russlands in den Fall Skripal und nannte die USA einen "unberechenbaren Partner". Moskau hoffe jedoch weiterhin auf "konstruktive Beziehungen zu Washington".

Die Begründung für neue Strafmaßnahmen sei "an den Haaren herbeigezogen", erklärte auch die russische Botschaft in Washington. Sie forderte erneut eine "offene und transparente" Untersuchung.

Der russische Außenpolitiker Konstantin Kossatschow sagte, die USA führten sich wie ein Polizeistaat auf. Der Beschuldigte werde bedroht und gefoltert und schließlich "wie in den schlimmsten Traditionen der Lynchjustiz" bestraft, sagte der Vorsitzende des Außenausschusses im Föderationsrat.

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Der Fall Skripal

Skripal und seine Tochter waren Anfang März in England durch den Nervenkampfstoff Nowitschok schwer verletzt worden. Das seltene Gift war in der Sowjetunion entwickelt worden. Moskau bestreitet allerdings, für die Vergiftungen verantwortlich zu sein. Auch die britische Regierung machte Russland für den Angriff verantwortlich, lieferte bisher aber keine Beweise für dessen Involvierung.

US-Außenamtssprecherin Heather Nauert erklärte am Mittwochabend, die US-Regierung sei zu dem Schluss gekommen, dass Russland "tödliche chemische oder biologische Waffen unter Verstoß gegen internationales Recht eingesetzt hat". Grundlage der neuen Sanktionen ist das Gesetz zur Kontrolle chemischer und biologischer Waffen. Es sieht vor, dass der US-Präsident bestimmte Sanktionen gegen Staaten verhängt, wenn sie solche Waffen eingesetzt haben. Dazu zählt unter anderem das Verbot, bestimmte Güter und Technologien dorthin zu exportieren.

90-Tages-Frist

Nach Inkrafttreten der Sanktionen hat Russland 90 Tage Zeit zu erklären, keine chemischen oder biologischen Waffen mehr zu verwenden und Inspektionen zuzulassen. Sollte sich Russland nicht daran halten, drohten weitere "drakonische" Sanktionen, erklärte der Außenamtsvertreter. Diese könnten so weit gehen, US-Flughäfen für russische Airlines zu sperren oder sogar die diplomatischen Beziehungen auszusetzen. Die Aktie der größten russischen Fluglinie Aeroflot gab daraufhin am Donnerstag zunächst zehn Prozent nach, erholte sich später aber wieder.

Generell befanden sich die russische Börse und der Rubel einen Tag nach der Ankündigung erneuter Sanktionen am Donnerstag auf Talfahrt. Ein Dollar entsprach am Morgen 66,48 Rubel, das war der niedrigste Wert der russischen Währung seit November 2016. Die beiden wichtigsten Indizes der Börse in Moskau, der RTS und der Moex, gaben zu Handelsbeginn um 3,2 Prozent beziehungsweise 1,16 Prozent nach, bevor sie sich wieder leicht erholten.

Diplomaten-Ausweisungen im März

Es ist nicht das erste Mal, dass die USA wegen des Anschlags auf Skripal Sanktionen gegen Russland verhängen. Bereits im März hatte die US-Regierung deswegen 60 russische Diplomaten ausgewiesen und das russische Konsulat in Seattle geschlossen. Die USA handelten damit im Gleichklang mit Großbritannien und mehr als zwei Dutzend weiteren Staaten, die ebenfalls russische Diplomaten auswiesen. Österreich beteiligte sich bisher nicht an den Ausweisungen.

Die jetzige Ankündigung weiterer Sanktionen könnte rund vier Wochen nach dem Gipfel zwischen US-Präsident Donald Trump und dem russischen Staatschef Wladimir Putin die Beziehungen beider Länder erneut verschlechtern. Bei dem Treffen der beiden Staatsoberhäupter in Helsinki hatte es noch Anzeichen für Verbesserung der Beziehungen gegeben.

Großbritannien begrüßte die Maßnahme der USA. Regierungschefin Theresa May sprach von einem "eindeutigen Signal an Russland".