Politik/Ausland

Anhaltender Diplomatenfrust über Kurz

Unter aktiven Diplomaten hat sich die Aufregung über einen möglichen 27-jährigen Außenminister Sebastian Kurz noch nicht gelegt: Der Empörungsfaktor ist nach wie vor hoch. Offiziell will niemand etwas sagen, hinter vorgehaltener Hand wird aber geschimpft und gelästert: „Der Maturant“, heißt es bei einem telefonischen Rundruf. Botschafter und Ministerialräte werden sich mit einem jungen Chef dennoch anfreunden müssen, denn alles deutet darauf hin, dass Staatssekretär Kurz Michael Spindelegger nachfolgen könnte. Am 16. Dezember findet der EU-Außenministerrat statt. Bis dahin dürfte die neue Regierung noch nicht stehen – also noch keine Kurz-Premiere.

Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen sind die Themen EU und Außenpolitik abgeschlossen. ÖVP-Verhandlungsführer Reinhold Lopatka lässt die Ergebnisse den Chefs Werner Faymann und Spindelegger zukommen.

Einige zentrale Punkte des Übereinkommens sind: Vor einem etwaigen EU-Beitritt der Türkei gibt es eine Volksabstimmung; auf EU-Ebene wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass Steuerbetrug und Steuerhinterziehung aktiv bekämpft werden.

Der ÖVP ist es gelungen, in das Papier die „Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit in Österreich und in der EU“ hineinzuschreiben, die SPÖ formulierte als EU-Politik „nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung“.

Beide Parteien wollen die rasche Einführung der Finanztransaktionssteuer, die Abgabe sollte Österreich mindestens 500 Millionen Euro pro Jahr bringen.

Weiters wollen SPÖ und ÖVP die Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion, ein gemeinsamer Finanzminister wird aber nicht gefordert. Die Aufteilung der EU-Kompetenzen und Personalfragen (EU-Kommissar) wurde an die Chefs delegiert.

Trotz laufender Regierungsverhandlungen will Bundeskanzler Faymann am Donnerstag unbedingt zum EU-Gipfel über die Ost-Partnerschaft nach Vilnius reisen.