Orbán unter Druck: EU will Ungarn 7,5 Milliarden Euro streichen
EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn teilte am Sonntag mit, dass die EU Ungarn wegen Verstößen gegen den Rechtsstaat Zahlungen in der Höhe von 7,5 Milliarden Euro aus dem gemeinsamen Haushalt von 2021 bis 2027 streichen will. Das Geld aus dem EU-Haushalt sei in Ungarn nicht ausreichend geschützt, sagte der österreichische Kommissar.
Damit das Geld tatsächlich gekürzt werden kann, müssen mindestens 15 EU-Länder mit mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung zustimmen.
Die Macht des Geldes
Den sogenannten EU-Rechtsstaatsmechanismus hat die EU-Kommission bereits im April in Gang gesetzt. Nach Angaben der Antikorruptionsbehörde der EU war im Zeitraum 2015 bis 2019 der Anteil an Unregelmäßigkeiten bei der Verwendung von EU-Mitteln in keinem anderen Mitgliedsland so hoch wie in Ungarn. Die EU-Kommission hatte Ungarn schon zuvor eine unzureichende Bekämpfung von Korruption vorgeworfen und deswegen rund sechs Milliarden Euro an Corona-Hilfen blockiert.
Viktor Orbán steht unter Druck. Er muss jetzt mehrere Gesetzesänderungen im Eilverfahren durchsetzen, um den Streit mit der EU noch beizulegen. Sein Stabschef Gergely Gulyas teilte mit. „Die Regierung hat die Zugeständnisse heute erörtert und gebilligt.“ Orbán, dessen engstem Umfeld Missbrauch von EU-Förderungen vorgeworfen wird, will jetzt eine unabhängige Korruptionsbekämpfungsstelle einrichten. Außerdem soll der Gesetzgebungsprozess transparenter werden.
Das Europäische Parlament hatte Ungarn unter Orbán mit 433 zu 123 Stimmen bereits am Donnerstag abgesprochen, noch eine echte Demokratie zu sein. Ungarn sei unter Regierungschef Viktor Orbán „zu einem hybriden System der Wahlautokratie geworden“.
Zu den großen Verteidigern Orbáns schwang sich am Wochenende die möglicherweise bald erste italienische Ministerpräsidentin auf. Giorgia Meloni sagte: „Orbán ist ein Gentleman, der die Wahlen mehrmals nach den Regeln der Verfassung gewonnen hat, während alle anderen gegen ihn waren“.