Politik/Ausland

EU-Kommission startet Rechtsstaats-Verfahren gegen Ungarn

Die EU-Kommission verschärft im jahrelangen Rechtsstaats-Streit das Vorgehen gegen Ungarn: Am Mittwoch löste die Brüsseler Behörde offiziell einen neuen Sanktionsmechanismus gegen Budapest aus, wie EU-Kommissar Margaritis Schinas in Brüssel mitteilte. Damit drohen Ungarn milliardenschwere EU-Mittelkürzungen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte den Schritt kurz nach der Wiederwahl des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban Anfang April angekündigt.

Schon im Februar hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) Klagen von Ungarn und Polen gegen den Rechtsstaatsmechanismus zurückgewiesen. Doch man wollte Viktor Orbán während des Wahlkampfes keine neue Munition gegen den "Feind" in Brüssel  liefern.

Mittel blockiert

Es ist das erste Mal, dass die EU von diesem Werkzeug Gebrauch macht: Sowohl Ungarn als auch Polen bekommen bereits weniger Geld als geplant von der Staatengemeinschaft. Blockiert sind  die Mittel aus dem Corona-Wiederaufbaufonds – ebenfalls wegen Zweifel an der rechtsstaatlichen Verwendung. Polen entgehen derzeit  23 Milliarden Euro an nicht zurückzahlbaren Zuschüssen, Ungarn sieben.  Käme der Rechtsstaatsmechanismus zum Einsatz, ständen für Polen rund 140 Milliarden Euro  in den nächsten Jahren auf dem Spiel, für Ungarn 40 Milliarden. 

Bis Ungarn tatsächlich Geld aus dem EU-Haushalt gekürzt wird, wird es allerdings noch dauern. Dafür bräuchte es am Ende auch die Zustimmung von mindestens 15 EU-Staaten mit mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung.

Der sogenannte EU-Rechtsstaatsmechanismus ist seit Anfang 2021 in Kraft. Er soll dafür sorgen, dass Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien wie die Gewaltenteilung nicht mehr ungestraft bleiben. Entscheidend dabei ist jedoch, dass durch die Verstöße ein Missbrauch von EU-Geldern droht. Polen und Ungarn sehen sich besonders im Fokus des Instruments und hatten dagegen vor dem Europäischen Gerichtshof geklagt. Dieser wies die Klagen im Februar jedoch ab. Beide Staaten bekommen jährlich Milliarden aus dem Gemeinschaftsbudget.

Zunächst einmal kann Budapest nun Stellung zu den Vorwürfen beziehen und gegebenenfalls Abhilfemaßnahmen vorschlagen. Die EU-Kommission berücksichtigt dies dann bei der Entscheidung darüber, ob sie den EU-Staaten tatsächlich vorschlagen wird, Ungarn EU-Mittel zu kürzen.